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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

mit seiner Wirtin und deren Tochter in ungestörter wilder Ehe. Er hat in Zwickau zwei Kinder abgeschworen. Dann verlobte er sich mit Ihnen. Er weiß jetzt, daß ich in Chemnitz bin und ist daher der Verzweiflung nahe. Nur ein Weg bleibt ihm: denselben Tod zu suchen, den meine arme Schwester gefunden hat. Danken Sie Gott, daß Sie diesen Mann loswerden! Er ist durch seinen leichtfertigen Lebenswandel auch gefährlich krank. Es ist überhaupt eine außerordentliche Frechheit von ihm, sich mit Ihnen zu verloben, da ihm das Zuchthaus sicher ist. Sie werden mich nicht mehr sehen, denn wenn diese Zeilen in Ihre Hände gelangen, bin ich wieder im Auslande. Meine Mission in Deutschland ist erfüllt, vielleicht sehen wir uns einmal in Italien. Ihre ergebene Leonore Preßler.“ – Vors.: Dieser Brief ist nun der Gipfel alles Schwindels und aller Lüge. Können Sie für diese maßlosen Entstellungen irgendeine Entschuldigung angeben? – Die Angeklagte schwieg. – Das gefälschte Testament, das Grete Beier nach der Ermordung Preßlers ebenfalls auf den Schreibtisch legte, hatte folgenden Wortlaut: „Nach meinem Tode zu öffnen! An Fräulein Grete Beier, Brand in Sachsen. Testament. Zur Universalerbin meines gesamten Vermögens, sowie sämtlicher Möbel, Wäsche, Kleidungsstücke und Wertsachen ernenne ich meine Braut, Fräulein Grete Beier, des Bürgermeisters Beier in Brand Tochter. An meine Angehörigen richte ich die Bitte, auch auf den Pflichtteil zu verzichten. Ich bereue nicht, was ich getan habe. ‚Lustig gelebt und selig gestorben, heißt dem Teufel das Handwerk verdorben.‘ Die Angaben meiner ersten Frau sind richtig, sie hat ihren Pflichtteil schon ausgezahlt erhalten. Ich habe angenommen, es kommt niemals heraus. Dieses Testament ist von mir eigenhändig geschrieben und unterschrieben und somit rechtskräftig. Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Lebt wohl und lebt weiter gut auf dieser Welt, ich habe sie reichlich genossen. Heinrich Moritz Kurt Preßler. Meine

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/312&oldid=- (Version vom 31.7.2018)