Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/288

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

und Handlungsgehilfe Hans Merker wegen Hehlerei. Letzterer, damals 27 Jahre alt, machte einen sehr unsympathischen Eindruck. Er verbüßte zurzeit wegen Unterschlagung eine zweijährige Gefängnisstrafe. Den Vorsitz des Gerichtshofes führte Landgerichtsdirektor Dr. Rudert. Die Anklage vertrat Staatsanwalt Dr. Mannel. Die Verteidigung hatten die Rechtsanwälte Dr. Knoll (Dresden) und Vollhering (Freiberg) übernommen. Grete Beier wurde beschuldigt, aus einer verschlossenen Kassette, die dem Armenhausverwalter Kröner gehörte, 300 Mark bares Geld und ein Sparkassenbuch über 4234 Mark genommen zu haben. Mit diesem Sparkassenbuch war sie auf die Freiberger Bank gegangen, hatte sich als Erna geborene Kröner ausgegeben und das Geld abgehoben. Sie hatte außerdem aus der Untersuchungshaft heraus an Merker einen Brief geschrieben, in dem sie ihn aufforderte, eine Frau Schlegel, die von ihrem Diebstahl wußte, zu ermorden. – Grete Beier bestritt nur die Testamentsfälschung, alles andere gab sie zu. – Vors.: Wissen Sie, wer das Testament gefälscht hat? – Angekl.: Jawohl, ich weiß es, ich kann aber die Person nicht nennen. – Die Angeklagte Kunze gab die ihr zur Last gelegten Straftaten zu. – Angeklagter Merker: Ich habe nicht gewußt, daß das Geld, das ich von Grete erhielt, auf unrechtmäßige Weise erworben war. – Vors.: Was machten Sie mit dem vielen Gelde? Es wird behauptet, Sie haben es in Gesellschaft lüderlicher Frauenzimmer durchgebracht? – Angekl.: Das ist eine Lüge. – Vors.: Sie scheinen einen ungünstigen Einfluß auf Grete Beier ausgeübt zu haben. Sie haben sie in ihrem Lügengewebe aufs tatkräftigste unterstützt. Wissen Sie, woher Grete das viele Geld hatte. – Angekl.: Sie sagte immer, sie hätte einen ihrer Onkels einen Tag vor dessen Tode besucht und da habe dieser ihr das Sparkassenbuch und eine größere Summe geschenkt. – Vors.: Sie mußten doch aber aus allen Umständen entnehmen, daß das Geld unrechtmäßig erworben

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/288&oldid=- (Version vom 31.7.2018)