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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

das Gegenteil. – R.-A. Dr. Jaffé: Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hat in der vorigen Sitzung die Frau Wertheim für eine „vorzügliche Zeugin“ erklärt. Hat man sich nicht darüber gewundert und gesagt, man könne darin dem Staatsanwalt nicht beipflichten? – Zeuge: Darüber kann ich mich auch nicht äußern; ich bin hier Zeuge und nicht Sachverständiger. – Am zweiten Verhandlungstage erklärte der Angeklagte: Ich bin am Weihnachts Heiligen Abend als einziger Fremder bei Wertheims eingeladen gewesen und habe von Dolly Landsberger ein kostbares Weihnachtsgeschenk, eine Reitpeitsche mit silbernem Griff, erhalten. Ich war dann auch am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag bei Wertheims. Ich habe täglich an Dolly Landsberger Blumen geschickt, ebenso auch an Frau Wertheim selbst, wie es doch ein „Diener“ oder „Angestellter“ nicht tun würde. Ich war oft eine Stunde lang in dem elektrischen Coupé mit der Dolly ausgefahren und wurde häufig telephonisch nach dem Tattersall bestellt, in dem Dolly Landsberger Reitübungen unternahm. Bei den Abendbesuchen im Boudoir sollte ich ihr einmal ihr schönes schwarz-blaues Haar aufmachen. Ich war ganz überzeugt, mit Kußhand aufgenommen zu werden und auf der Reise im Süden die Sache perfekt machen zu können. – R.-A. Dr. Jaffé verlas darauf folgendes von Dr. Arthur Landsberger an ihn gerichtetes Telegramm: „Da mir der Name des Vorsitzenden unbekannt ist, teile ich Ihnen mit, daß ich infolge Erkrankung am Erscheinen verhindert, wüßte auch sonst in Sachen Wolff-Metternich, der mir, wie seine Affäre, nur aus den Zeitungen bekannt ist, keinerlei Bekundungen zu machen. Sollte sich meine Vernehmung aber auf mein einstmaliges Verhältnis zum Hause Wolff Wertheim beziehen, so erkläre ich, daß ich, selbst auf die Gefahr des Zeugniszwangsverfahrens hin, keine Bekundungen gegen Frau Dolly machen würde. Diesen Standpunkt werde ich auch dann nicht ändern, wenn mich die Wertheim, gleichwie in welcher Form, verleumden sollte.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/171&oldid=- (Version vom 2.4.2024)