Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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eine behördliche Eingabe geschrieben und haben, als Sie hier vom Untersuchungsrichter vernommen wurden, das Protokoll unterschrieben. Es gewinnt den Anschein, als ob Sie hier Ihre Handschrift absichtlich verstellt hätten? – Angekl.: Ich schreibe jetzt nur etwas dicker als früher. – Vors.: Sie haben auch Ihr Äußeres gegen früher verändert? – Dem Angeklagten wurde eine Photographie vorgelegt und ihm alsdann vom Vorsitzenden befohlen, seinen weißen Strohhut, Reisemütze und schwarzen steifen Filzhut aufzusetzen. – Vors.: Es ist jedenfalls auffallend, daß Sie leugneten, Nitter zu kennen, daß Sie bestritten haben, Knitelius zu heißen, daß Sie Ihre Handschrift verstellten und daß Sie sofort nach dem Morde spurlos aus Europa verschwanden. Ich bemerke Ihnen außerdem, daß Nitter Sie anfänglich nicht kennen wollte, später aber mit voller Bestimmtheit behauptet hat, daß Sie den Apothekenbesitzer Rathge erschossen haben? – Angekl.: Das kann Nitter unmöglich behaupten. Unter seinem Eide wird er bei seiner Behauptung nicht bleiben. – Vors.: Nitter hat absolut kein Interesse, einen Unschuldigen zu beschuldigen. – Medizinalrat Dr. Keferstein nahm hierauf an dem Angeklagten Messungen vor. – Es wurde alsdann Waffenhändler Schulz als Zeuge vernommen. Dieser war unmittelbar nach dem Morde an den Tatort gekommen. Er schilderte in ausführlicher Weise seine Wahrnehmungen. Der ermordete Rathge schrie: „Haltet ihn, er hat geschossen!“ Rathge hatte auch noch so viel Kraft, um Nitter zu fassen. Rathge fiel sehr bald zu Boden und jammerte: „Ich werde wohl sterben.“ Sehr bald verlor er das Bewußtsein. Rathge erzählte vorher: Als er ins Kontor trat, sei sofort geschossen worden. Nitter bestritt, etwas begangen zu haben; er sei zufällig in die offene Vorhalle eingetreten, da er etwas kaufen wollte. Dem Nitter sei sofort eine noch rauchende Pistole und ein Hammer abgenommen worden. Er (Zeuge) habe einen zweiten Mann fortlaufen sehen, er sah dem
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/13&oldid=- (Version vom 24.11.2022)