Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/26

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

noch, daß der Angeklagte ihm den Auftrag für Fräulein Kratz am 27. November 1903 aus Linden gegeben habe. – Die Pensionsinhaberin Adelheid Riebe aus Dresden bekundete, daß sie die Verlobungsringe zwar nicht selbst gesehen habe, aber Frau Dr. Braunstein habe ihr gesagt, daß das Datum der Hochzeit in die Ringe eingraviert worden sei. – Am dritten Verhandlungstage nahm das Wort Staatsanwalt Dimroth: Der Angeklagte steht unter dem schweren Verdacht des Gattenmordes. Das Verfahren ist dieses Verbrechens wegen bereits eingeleitet, die Entscheidung der Beschlußkammer steht jedoch noch aus. Die Frage, ob der Angeklagte seine junge Frau auf der Hochzeitsreise vergiftet hat, ist deshalb nicht Gegenstand der Beweisaufnahme in dieser Verhandlung gewesen. Ich muß mich also aus prozessualen Gründen einer Erörterung der Frage, ob der Angeklagte ein Giftmörder ist, enthalten und diese Frage nur soweit streifen, wie sie mit den Straftaten, wegen der er jetzt angeklagt ist, in unmittelbarem Zusammenhange steht. Der Angeklagte lernte seine spätere Frau, Fräulein Wege, bereits 1893 in Bebra kennen. Zehn Jahre später heiratete er die junge Dame, augenscheinlich lediglich in der Absicht, sich ihres 120000 Mark betragenden Vermögens zu bemächtigen. Die erste betrügerische Manipulation war der Brief vom 18. November 1903 an den Halleschen Bankverein. Dieser erste Schritt führte ihn allerdings noch nicht zum Ziele: denn es gelang dadurch noch nicht die Übertragung des Depots vom Halleschen Bankverein an die Filiale der Deutschen Bank in München auf gemeinsames Konto. Die Überweisung geschah vielmehr noch auf den Namen der verstorbenen Frau des Angeklagten. Entscheidend war erst das Depot-Übergabe-Verzeichnis der Filiale der Deutschen Bank. Dies versah der Angeklagte erst noch nach dem Tode seiner Frau mit dem Vermerk: „Jeder der Kontrahenten darf selbständig über das Vermögen verfügen“. Dieses Schriftstück versah Dr. Braunstein mit

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)