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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

junge Mädchen das trotzdem nicht glauben wollte, wurde ein Zusammentreffen mit dem Bräutigam, der Berlin noch gar nicht verlassen hatte, ermöglicht. Hier erschien der Bräutigam, der keine Ahnung hatte, wer ihn erwartete, in weiblicher Kleidung. Der Verlobte war, wie sich nachträglich herausstellte, derselbe weibliche Matrose, der einen Schneidermeister im Norden Berlins mit zwei Matrosen-Anzügen geprellt hatte. Der Person sah man allerdings kaum an, daß sie zu Evas Geschlecht gehörte. Sie hatte männliche Gesichtszüge und kurzgeschnittenes Haar. – Der 19jährige Kellner Franz W. aus Berlin liebte es, des Abends stets in Frauenkleidern auszugehen. In dieser Verkleidung lockte er Männer an, um Diebstähle, Erpressungen und dergleichen auszuführen. Eines Abends fiel er der Kriminalpolizei in die Hände. Im Polizeipalast am Alexanderplatz wurde er zwar als männliches Individuum erkannt, da es dort aber keine besondere Garderobe für Untersuchungsgefangene gibt, wurde er in seinen Frauenkleidern in das Moabiter Untersuchungsgefängnis überführt, woselbst er sein Kostüm natürlich sofort mit einem Gefangenenanzuge vertauschen mußte. – Ein junger Bursche in Mainz, Sohn eines Weinwirts, verschaffte sich nach seiner Entlassung aus der Schule Frauenkleider. Er hatte eine weibliche Stimme und seine Erscheinung stand der Verkleidung nicht im Wege. Als Frau ging der noch blutjunge Mensch auf Abenteuer aus. Er richtete die überschwenglichsten Liebesbriefe an Persönlichkeiten, die er nur dem Namen nach kannte, hauptsächlich an Offiziere. Als er älter geworden war, machte er die Bekanntschaft eines sehr reichen Barons von E. Diesem stellte er sich als eine verarmte Komtesse v. S. vor. Er beherrschte den Baron vollständig. Allen Annäherungen des Barons wußte er geschickt aus dem Wege zu gehen; er sei ein „anständiges Mädchen“, pflegte er zu sagen. Der Baron erfuhr schließlich, daß das „anständige Mädchen“ ein verkleideter junger Mann war. Der junge

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/259&oldid=- (Version vom 31.7.2018)