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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

Mann, ich bin angeklagt. Na, hier steht doch unverehelichte Martha Hirschmann, versetzte der Gerichtsdiener. Das bin ich, fiel der junge Mann ein. Ich habe bis vor vierzehn Tagen Martha geheißen, weil ich Weib war. Seit vierzehn Tagen bin ich Mann und heiße Martin Hirschmann. Ich habe mir auch schon eine weibliche Braut angeschafft. „Nu schlag aber Eener lang“, versetzte unwirsch der Gerichtsdiener. „So wat is mir doch noch nicht vorgekommen. Wenn Sie Weib waren, da müssen Sie doch Weib bleiben.“ Ich habe keine Schuld, daß ich so spät mein wahres Geschlecht erkannt habe, versetzte der junge Mann. Ich werde es jedenfalls dem Staatsanwalt melden, sagte der Gerichtsdiener mit einem lächelnden Blick auf den hübschen jungen Mann, den man allerdings für ein verkleidetes Mädchen halten konnte. In demselben Augenblick rief ein anderer Gerichtsdiener mit Stentorstimme: „Sache Hirschmann, Angeklagte und Zeugen eintreten.“ Der junge Mann, der wegen Hundediebstahls angeklagt war, von Beruf Kellner, betrat die Anklagebank der fünften Kriminaldeputation des Berliner Stadtgerichts, wie es früher hieß. Der Vorsitzende, Stadtgerichtsrat Herzbruch, seine zwei Beisitzende, sowie der Staatsanwalt und der Gerichtsschreiber sahen sich verwundert den Angeklagten an. Das ist wohl eine Verwechselung, herrschte der Vorsitzende den Gerichtsdiener an. Sie sollten doch die Sache Hirschmann aufrufen. Gerichtsdiener: Herr Gerichtsrat, der junge Mann sagt: er ist die Kellnerin Martha Hirschmann. Jawohl, das stimmt, rief der Angeklagte. – Vors.: Wenn Sie glauben, Sie können sich mit dem Gerichtshof einen Scherz erlauben, dann irren Sie sich gewaltig. Wie können Sie sich erdreisten, hier als Mann zu erscheinen? – Angekl. (ein großes Dokument aus der Tasche ziehend): Hier, Herr Gerichtsrat ist die Bescheinigung des Ministers, wonach ich berechtigt bin, als Mann zu leben und männliche Kleidung zu tragen. Der Gerichtsrat las das Schriftstück; er zeigte es seinen Beisitzenden

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/253&oldid=- (Version vom 31.7.2018)