Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/238

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

Nach einiger Zeit bat er mich, ihm Papier, Tinte und Feder zu geben, damit er sein Testament machen könne, außerdem fragte der Angeklagte, was er machen solle. Ich riet ihm, sich sofort der Staatsanwaltschaft zu Hannover zu stellen, er solle aber vorerst noch den Rat des Herrn Justizrats Krause in Berlin (Vizepräsident des Abgeordnetenhauses und ebenfalls langjähriger Freund des alten Falkenhagen) einholen. Ich lud den Angeklagten ein, bei mir Mittag zu essen. Nachmittags gingen wir zu Herrn Justizrat Krause. Dieser riet dem Angeklagten ebenfalls, sich sofort der Staatsanwaltschaft in Hannover zu stellen. Der Angeklagte sandte darauf einen eingeschriebenen Brief an die Staatsanwaltschaft zu Hannover. Ich ging alsdann mit dem Angeklagten in das Lokal von Siechen und von dort in die Weinhandlung von Kempinski. Der Angeklagte war ungemein niedergeschlagen. Da mir bekannt ist, daß die Zustände in der Friedrichstraße in Berlin geradezu toll sind (Heiterkeit), so begleitete ich den Angeklagten in sein Hotel. Wir wurden, es war in später Nacht, von einer ganzen Anzahl Dirnen angerempelt, der Angeklagte hat aber alle diese Zudringkeiten sehr energisch zurückgewiesen. Am folgenden Tage hörte ich, daß der Angeklagte verhaftet sei. – Gerichtsarzt Dr. Schwabe, begutachtete: Die Kugel habe den Darm durchgeschlagen und so tief gesessen, daß er sie nur mit Mühe mit dem Meißel herausstemmen konnte. Der Tod sei durch Verblutung in der Bauchhöhle eingetreten. – Der Vorsitzende verlas darauf die den Geschworenen vorzulegenden Schuldfragen: 1. Ist der Angeklagte schuldig, einen Zweikampf mit dem Landrat v. Bennigsen bestanden und 2. in diesem seinen Gegner getötet zu haben? – Es nahm alsdann das Wort Erster Staatsanwalt Dr. Kitz: Es haben in der letzten Zeit mehrfach Zweikämpfe mit tödlichem Ausgange stattgefunden. Aus diesem Anlaß hat sich die Presse eingehend mit der Frage wegen der Berechtigung des Zweikampfes beschäftigt. Von der einen

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/238&oldid=- (Version vom 31.7.2018)