Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5 | |
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Die Hochzeit wurde zwei Monate später festgesetzt, und trotzdem bewarben Sie sich um die Hand des Fräulein Kratz. Sie traten aber schließlich von dieser Neuverlobung wieder zurück, indem Sie der Dame schrieben: „Ich muß zurücktreten, weil ich erst etwas erledigen muß.“ Aber am 8. November 1903 bewarben Sie sich wieder um Martha Kratz. Und als Ihnen diese sagte: Sie habe Ihr Aufgebot mit Fräulein Wege gelesen, erklärten Sie das als Lüge und sagten: Sie seien „scheußlich gemacht worden“. Kaum hatte Ihre Frau die Augen geschlossen, da bewarben Sie sich von neuem um Martha Kratz und versicherten, Sie seien niemals verheiratet gewesen. – Angekl.: Ich habe niemals gesagt, daß ich nicht verheiratet war. – Vors.: Es hat den Anschein, als wollten Sie so schnell als möglich wieder heiraten, weil Sie den Tod Ihrer Frau verheimlichen wollten, aber doch den Leuten, die Sie für verheiratet hielten, als verheirateter Mann gegenübertreten. Sie haben der Martha Kratz gesagt: die ganze Geschichte mit Halle ist Lüge. Sie waren allerdings verlobt, die Hochzeit war festgesetzt, beim Standesbeamten haben Sie aber anstatt Ja, Nein gesagt. Martha Kratz wollte das jedoch nicht glauben, zumal Sie mit der Heirat zögerten. Die Kratz schlug eventuell eine Trauung im Auslande vor. Sie sagten aber, das gehe nicht, Sie müßten erst noch etwas erledigen, wobei es sich um 50–60000 Mark handelt. Nachher haben Sie auch mit einem Fräulein Hegel Beziehungen angeknüpft und haben mit beiden von Italien aus korrespondiert. – Der Kratz haben Sie einen Verlobungsring geschenkt; es war das der Ehering Ihrer verstorbenen Frau. Aus diesem haben Sie den Namen auskratzen und den Namen der Martha Kratz hineingravieren lassen. Der Angeklagte schwieg. – Es wurden alsdann mehrere Briefe verlesen. In einem Briefe schrieb der Angeklagte an Martha Kratz: Dein Mißtrauen hat mir große Schmerzen bereitet. Ich habe Dir doch mein Ehrenwort gegeben, daß ich frei bin. Bist Du denn der Meinung: ich
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)