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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

habe also selbst schuld, daß die Meinung entstand, er habe etwas in seiner Aussage verschwiegen. Dr. Sprenger kam auf den Schweynert-Prozeß zu sprechen. Der Vorsitzende in diesem Prozeß, Landgerichtsdirektor Erk, habe von vornherein sehr erregt gesprochen. Er gebe zu, daß auch die Verteidigung nicht sehr milde aufgetreten sei. Der Vorsitzende suchte fortwährend Widersprüche aufzuklären, wo gar keine vorhanden waren. Es machte überhaupt den Eindruck, als ob es dem Vorsitzenden weniger an der Aufklärung gelegen war, als daran, den Zeugen Meyer festzunageln. Er (Zeuge) habe sich zunächst, als Meyer bei seinen Aussagen blieb, gesagt: Donnerwetter, das ist ein schneidiger Kerl, der läßt sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Später sei ihm Meyer sehr apathisch vorgekommen, er sprach wie in einem Traumzustande oder besser in einem Zustande, wie man ihn bei Leuten anzutreffen pflegt, die vor der Hinrichtung stehen (Bewegung). Er war so erschöpft, daß Dr. Herz sich veranlaßt sah, ihm einen Stuhl hinzustellen. Schon vorher hatte Meyer die Erklärung abgegeben, daß drei Herren vom Richtertisch ebenfalls zu den Spielern gehört hätten. Der Verteidigung kam diese Angabe sehr überraschend, ebenso die, daß Meyer sofort den Staatsanwalt Fimmen bezeichnete, und daß letzterer ohne weiteres zugab, zu den Spielern gehört zu haben. Das charakterisierte den Meyer als einen glaubwürdigen Zeugen. Die spätere Nennung des Referendars Christians beruhte anscheinend auf einem Mißverständnis des Meyer; daß er dabei blieb, ließ die Verteidigung erst recht zu der Überzeugung kommen, daß Meyer hier nicht etwa die Unwahrheit sage, sondern sich irre. Stundenlang wurde auf dem Fall Christians herumgeritten. Ich mußte einige Stunden lang an dem guten Glauben des Gerichts zweifeln. Ich sagte schließlich zu meinem Mitverteidiger: Das Gericht hat die Macht, wir haben hier nichts mehr zu tun. Wir beschlossen, die Verteidigung niederzulegen. Allerdings gaben wir diesen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/169&oldid=- (Version vom 15.7.2024)