Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/112

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

alsdann: Herr Rechtsanwalt Dr. Sprenger hat allerdings als Zeuge bekundet, er, der in dem Prozeß Dr. Ries-Biermann Verteidiger war, habe die Empfindung, daß der Minister unter seinem Eide erklärt habe, er habe seit 13 bis 14 Jahren nicht mehr und auch nur im Kasino gespielt. Allein der Vorsitzende dieser Verhandlung, Herr Landgerichtsdirektor Bödeker, hat als Zeuge bekundet, er erinnere sich einer solchen Aussage des Ministers nicht. Wäre es geschehen, dann würde es ihm noch im Gedächtnis sein. Soweit ihm erinnerlich, lag zu solcher Frage an den Minister keine Veranlassung vor. Herr Landrichter Dr. Klaue, der in dieser Verhandlung Referent, also zu ganz besonderer Aufmerksamkeit verpflichtet war, hat sich dieser Bekundung vollständig angeschlossen. In einem Artikel hat der Angeklagte dem Herrn Minister den Vorwurf gemacht, daß er im Landtage die Unwahrheit gesagt habe. Auch hierfür ist kein Beweis erbracht worden. Die gesamten Vorwürfe stützten sich auf die Zeugen Laturnus und Meyer. Die Aussage des ersteren kommt überhaupt nicht in Betracht. Bezüglich des Meyer hat der Gerichtshof sich ja bereits entschieden, indem er beschlossen hat, den Zeugen wegen Verdachts des wissentlichen oder fahrlässigen Meineids zu verhaften. Es widerstrebt mir, da Herr Rechtsanwalt Dr. Sprenger nicht hier ist, auf dessen Protokollierung näher einzugehen. Aber ich kann doch nicht umhin, mein Befremden auszudrücken, daß man die Aussagen der Zeugen Laturnus und Meyer in öffentlicher Gerichtssitzung mitteilte und sie somit in die Welt hinausposaunte, ohne nähere Erkundigungen einzuziehen. Der Angeklagte ist jeden Beweis für seine ungeheuerlichen Behauptungen vollständig schuldig geblieben; es ist im Gegenteil erwiesen worden, daß der Herr Minister weder in der Gerichtssitzung wider Dr. Ries-Biermann, noch im Landtage eine Unwahrheit gesagt hat. Zugegeben ist nur, daß der Minister in den letzten Jahren im Kasino bisweilen gepokert hat. Da von

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/112&oldid=- (Version vom 17.6.2024)