Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/30

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

die Schade, die vorhin vernommen wurde, hat die Unwahrheit gesagt. Ich habe dem Berger niemals gedroht, ich werde ihn „alle“ werden lassen. Im vorigen Jahre wohnte ich mit Berger in der Hussitenstraße. Ich schlief mit Berger in der Küche, die Schade im Vorderzimmer. Eines Tages lieh ich dem Berger 8 Mark, sehr bald darauf noch 3 Mark. Ich wollte schließlich das Geld wieder haben, Berger versicherte aber, daß er kein Geld habe. Ich wußte jedoch, daß Berger in der Matratze Geld verborgen habe. Ich suchte und fand in der Matratze 70 Mark in Gold. Ich wollte mir mein dem Berger geliehenes Geld nehmen, da wurde ich von Berger furchtbar geschlagen. Ich schrie „Hilfe“. Da kam die Schade in die Küche gestürzt und sagte zu mir: „Laß doch den Lude alle werden.“ – Vors.: Die Schade hat das aber ganz anders geschildert? Liebetruth: Die hat die Unwahrheit gesagt. – Die Zeugin bekundete im weiteren auf Befragen: Berger habe sie auch mit einem Messer bedroht. – Verteidiger: Hat Berger nicht das Messer beiseite gebracht, da er befürchtete, Sie könnten es gegen ihn zur Anwendung bringen? – Liebetruth (nach einigem Zögern): Berger wußte allerdings, wie sehr aufgeregt ich bin. – Die Liebetruth bemerkte noch: Es wird sich noch alles anders herausstellen, wie es hier geschildert worden ist. – Verteidiger: Es ist ja sehr interessant, daß alles, was hier verhandelt wird, draußen den Zeugen erzählt wird. – Der folgende Zeuge war Arbeitsbursche Graff: Er habe gehört, daß am 9. Juni am Torweg des Hauses Ackerstraße 130 zwei Männer mit der Lucie in verdächtiger Weise gestanden haben; er habe es für seine Pflicht gehalten, dies anzuzeigen, er habe aber selbst nichts gesehen. – Die 10jährige Schülerin Martha Liebe bekundete: Am Tage, an dem die kleine Lucie verschwunden sei, habe sie gegen Mittag Berger an der Hand der kleinen Lucie über den Damm der Ackerstraße gehen sehen. Berger habe der Lucie Bonbons gekauft und sei

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/30&oldid=- (Version vom 1.8.2018)