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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

diesem nicht nur Auskünfte über Verfasser von Artikeln usw. erteilte, sondern ihm auch zur Förderung seiner (v. Tausch) persönlichen Interessen behilflich war. v. Lützow hat den ersten Artikel der „Welt am Montag“, welcher schwere Beleidigungen auf Grund unwahrer Tatsachen gegen den Oberhofmarschall Grafen August Eulenburg enthielt, auf Grund der Informationen des Leckert geschrieben. Letzterer hat nach Ansicht des Gerichts wider besseres Wissen gehandelt, denn er ist mit seinem angeblichen Gewährsmann nicht herausgekommen. Leckert ist also der verleumderischen Beleidigung schuldig; die Behauptung, daß er einen Gewährsmann gehabt, erscheint unglaubwürdig. Bei v. Lützow hat der Gerichtshof hinsichtlich des ersten Artikels nur eine Beleidigung im Sinne des § 186 für vorliegend erachtet. Es ist ja befremdlich, daß er einem jungen Menschen so ungeheure Behauptungen geglaubt hat, aber das Gegenteil läßt sich nicht beweisen. Auch der zweite Artikel ist vollständig aus der Luft gegriffen und enthält schwere Beleidigungen. Bezüglich des Angekl. Dr. Plötz hat der Gerichtshof nur eine Beleidigung, begangen durch die Veröffentlichung des ersten Artikels, für vorliegend angesehen und angenommen, daß Dr. Plötz die in den Artikeln enthaltenen Tatsachen für wahr hielt. Es war ferner Leckert wegen verleumderischer Beleidigung des Freiherrn v. Marschall und anderer Beamten des Auswärtigen Amtes zu verurteilen. v. Lützow ist auch in diesen Fällen nur aus § 186 für schuldig befunden; es ist nicht angenommen worden, daß er die Mitteilungen über Freiherrn v. Marschall, Dr. Hammann usw. an Plötz wider besseres Wissen gemacht hat. Wegen der Mitteilungen in seinem Bericht an v. Tausch ist er freigesprochen worden. Angeklagter Berger ist verantwortlich für die in zwei Artikeln der Staatsbürger Zeitung enthaltenen Beleidigungen. Der Gerichtshof hat die volle Überzeugung erhalten, daß in diesen Artikeln die Vorwürfe gegen Freiherrn v. Marschall nicht abgeschwächt, sondern verschärft und weiter

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/226&oldid=- (Version vom 12.11.2023)