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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

beauftragt, verschiedene Korrespondenten, die ihn besuchten, zu bitten, nachzuforschen, wer Herr v. Lützow eigentlich sei, und ihnen nahe zu legen, daß hier von einem Redaktionsgeheimnis keine Rede sein könne, denn hier handle es sich darum, ein Treiben zu entlarven, an dessen Beseitigung die anständige Presse das lebhafteste Interesse haben müsse. Es wurde dabei bestätigt, daß Herr v. Lützow als Agent der Polizei gelte. Der Zeuge ging nun auf die „Staatsbürgerzeitung“ ein. Schon seit länger als Jahresfrist seien in diesem Blatte Artikel erschienen, in denen angedeutet wurde, daß in dem Auswärtigen Amt die Quelle zu suchen sei, aus der die Verhetzungen von hohen Beamten gegeneinander stamten. Der Name des Zeugen werde mit einer „Kamarilla“ in Verbindung gebracht; es wurde behauptet, daß die Fäden der Intrigen in der Wilhelmstraße zusammenliefen und ähnliche Andeutungen mehr, die keinen Zweifel darüber ließen, daß die Spitze sich gegen das Auswärtige Amt richten solle. Es liege hier einer der Fälle vor, daß man eine bestimmte Person im Auge habe und doch vermeiden wolle, mit dem § 185 Str.-G.-B. in Konflikt zu kommen. Im vorigen Jahre sei in den „Münchener Neuesten Nachrichten“ ein Artikel über die Militärstrafprozeßnovelle erschienen. Damals habe die „Staatsbürger Zeitung“ ebenfalls angedeutet, daß die Quelle des Artikels im Auswärtigen Amt zu suchen sei und man bezwecke, die Minister Bronsart v. Schellendorf und v. Köller zu verhetzen. Es seien Ermittelungen nach dem Verfasser des Artikels angestellt worden, die aber nur den Erfolg gehabt hätten, festzustellen, daß in dem Ministerium des Innern keinerlei Indiskretion begangen sei. Als der Prozeß gegen v. Lützow im Gange war, habe er (Zeuge) vom Kriegsminister v. Goßler erfahren, daß Kriminalkommissar v. Tausch den Journalisten Kukutsch als denjenigen bezeichnete, welcher ihm anvertraute Geheimnisse verraten habe. v. Tausch habe erklärt, daß v. Lützow ihm diese Mitteilung gemacht habe. Dann sei im „Hamburger Korrespondenten“ ein Artikel

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/164&oldid=- (Version vom 5.11.2023)