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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

berichtet habe. Er sei aber mit der Wirkung des Artikels nicht zufrieden gewesen, da der Artikel in der übrigen Presse fast gar nicht beachtet worden sei. – Vors.: Fragten Sie Leckert, von wem er die Information habe? Angekl. v. Lützow: Es ist in der Journalistik nicht Usus, sofort immer nach dem Gewährsmann zu fragen, da dieser doch zumeist verschwiegen wird. Leckert ersuchte mich, den Artikel an bedeutendere Zeitungen als der „Breslauer Generalanzeiger“ sei, zu senden, um eine größere Wirkung und Beachtung zu erzielen. Leckert machte auf mich einen so glaubwürdigen Eindruck, daß ich unmöglich auf den Gedanken kommen konnte, Leckert habe sich alles aus den Fingern gesogen, oder seine Information von einer untergeordneten Person erhalten. Ich bin deshalb der Sache nähergetreten, zumal Leckert mir sagte: er sei von Herrn v. Marschall empfangen worden. Ich sagte zu Leckert: Herr v. Marschall war gar nicht in Berlin. Leckert antwortete: Es kann ja ein Beauftragter des Herrn v. Marschall gewesen sein. Dies war mir einleuchtend. Als das Dementi in der „Deutschen Tageszeitung“ erschien, machte ich Leckert in eindringlichster Weise Vorhaltungen. Leckert gab mir jedoch wiederholt die Versicherung: Er sei mehrere Male von Herrn v. Marschall empfangen worden; dieser halte alles aufrecht. Vor dem Erscheinen des ersten Eulenburg-Artikels nannte mir Leckert den Namen des Oberhofmarschalls Grafen August zu Eulenburg, der nach der Annahme seines Gewährsmannes dem Berichterstatter des Wolffschen Bureaus de Grahl auf Grund englischer Einflüsse den gefälschten Kaisertoast gewissermaßen in die Feder diktiert habe. Leckert sagte: Exzellenz v. Marschall habe an der Veröffentlichung ein großes Interesse, damit die Welt erfahre, wie hier wieder einmal die Nebenregierung die Hand im Spiele habe. Da Leckert mir dies ehrenwörtlich versicherte, sagte ich: ich werde die Sache in die Hand nehmen, da ich als älterer Journalist mehr Beziehungen habe als er.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/145&oldid=- (Version vom 30.10.2023)