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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

bestätigte diese Aussage. Soweit er sich erinnerte, sagten ihm seine Kollegen, der Tod Komarowskis sei infolge der Auspumpung des Magens eingetreten. Wenn er selbst die Operation hätte vornehmen müssen, so hätte er die durchlöcherten Teile des Darms entfernt, die beiden Enden zusammengenäht und so eine statt acht Wunden gehabt. Aber als untergeordneter Arzt habe er geschwiegen. – Einen höchst eigentümlichen Eindruck machte Professor Cavezzani, der Primarius, der die verhängnisvolle Operation angeordnet hat. Er wollte sich an gar nichts mehr erinnern, nicht einmal daran, überhaupt den Komarowski behandelt oder auch nur je gesehen zu haben. Eine Reihe von Krankenwärtern und Schwestern wurden telephonisch berufen und bestätigten, was die anderen Ärzte schon ausgesagt hatten, nämlich daß Cavezzani nicht nur bei der Operation anwesend war, sondern auch die Auftrennung der Naht und die Auspumpung des Magens angeordnet hatte. Cavezzani sagte darauf: Er bestreite die Aussagen aller dieser Zeugen gar nicht, nur habe er selbst die Erinnerung an den Vorgang absolut verloren, da er bei einem Zwischenfall während einer Operation sich ein Leiden zugezogen habe. Sein Gedächtnis habe sich seitdem geschwächt, und seit dem November 1909 habe er sich deshalb von der Praxis zurückgezogen. Ein Krankenwärter, der darüber befragt wurde, hat jedoch nie etwas von dieser Gedächtnisschwäche bemerkt. – Professor Dr. Trevisan kam zu dem Schluß, daß die Wunde tödlich und die ärztliche Behandlung im allgemeinen richtig war. Der operative Eingriff sei unbedingt nötig gewesen, da der Darminhalt auslief. Die Aussage der behandelnden Ärzte, daß sich Komarowski vor der Operation wohl befand, sei zu unbestimmt. Dr. Coccon hatte erklärt, und auch Dr. Menini hat zugegeben, daß Komarowski Brechreiz empfand. Das beweise, daß Bauchfellentzündung im Anzuge war. Im besonderen verteidigte dann der Sachverständige die vom Professor Cavezzani angewandte

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/69&oldid=- (Version vom 5.1.2023)