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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

Echo. Ob es aber jemals gelingen wird, dieses Dunkel zu lüften, das weiß nur Gott. Wir armseligen Menschen können nichts weiter, als unsere Schuldigkeit tun. In dieser Beziehung ist von meiner Seite nichts versäumt worden. Und ich werde mein ganzes Können aufbieten, um die Sache aufzuklären. Vielleicht gelingt es noch mit Gottes Hilfe, diese unglückliche Stadt von dem furchtbaren Banne zu befreien. Wenn ein Staatsanwalt etwas ausspricht, dann muß er es auch beweisen können. Ich kann nicht beweisen, daß der Angeklagte am Morde beteiligt war. Deshalb kann ich diese Behauptung auch nicht aussprechen. Ich ersuche Sie deshalb, alles Beiwerk beiseite zu lassen und lediglich zu prüfen, ob der Angeklagte einen Meineid geleistet hat. Wenn ich die furchtbare Beschuldigung erhebe: der Angeklagte habe dreimal einen Meineid geleistet, so sage ich: der Grund bei ihm war die Furcht, daß er, wenn er die Wahrheit sagte, dann in den Verdacht des Mordes geriet. Zunächst hat der Angeklagte vollständig bestritten, Winter gekannt zu haben. Als ihm mehrere Zeugen gegenübergestellt wurden, gab er die Möglichkeit zu, Winter gekannt zu haben, er könne sich aber dessen nicht erinnern. Als immer mehr Zeugen auftraten, die den Verkehr bekundeten, gab er die Möglichkeit zu, mit Winter gesprochen, zusammengestanden zu haben, zusammengegangen zu sein und sich mit ihm gegrüßt zu haben. Mit solchen Möglichkeiten durfte der Angeklagte nicht operieren. Das ist dreiste Lüge, das ist wissentlicher Meineid. Ich habe mich gefragt, wie kam ein achtzehnjähriger Gymnasiast zu dem Verkehr mit einem achtundzwanzigjährigen jüdischen Fleischergesellen. Das Bindeglied zwischen beiden war Anna Hoffmann, der beide den Hof machten. Anna Hoffmann ist eine sehr schöne Erscheinung, so daß das schon verständlich ist. Es ist frivol, daß Zeitungen einen unzüchtigen Verkehr behaupteten. Durch die eingehendste Untersuchung ist festgestellt worden, daß der Verkehr Winters mit Anna Hoffmann

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/134&oldid=- (Version vom 18.2.2023)