Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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diese Beobachtungen von ihrem Manne falsch wiedergegeben sein sollten, so habe Anna Maßloff doch geglaubt, sie für richtig halten zu müssen. Sie habe sie sich ganz bewußt allmählich zu eigen gemacht und dann an ihnen festgehalten. Was die Bekundungen der Angeklagten bezüglich des Taschentuches und des Winterschen Bildes, das sie bei Lewys gesehen haben wolle, anbelange, so halte er diese Angaben für durchaus wahrheitsgetreu. Daß der Mord an Ernst Winter von fremden Juden begangen worden sei, dafür spreche, daß von den Konitzer Juden eine Reihe von Tatsachen bestritten werden, die in der jetzigen Verhandlung sich als einigermaßen richtig erwiesen haben. Der Verteidiger suchte alsdann nachzuweisen, daß Anfang März eine größere Anzahl fremder Juden in Konitz von mehreren Leuten bemerkt worden seien. Belastend für die Juden sei auch die Bekundung des Zeugen Prinz, des „dummen Alex“, auf die doch mehr Wert zu legen sei, als es seitens der Staatsanwaltschaft geschehe. Ebenso muß dem Fall Eisenstädt ein größeres Gewicht beigemessen werden. Eisenstädt sei in der Nacht vom 11. zum 12. März nicht im Krankenhause gewesen, die beiden Krankenschwestern können sich nicht irren. Der Verteidiger schilderte hierauf nochmals eingehend die angeblichen Vorgänge im Matheus Meyerschen Laden und den von einigen Zeugen behaupteten Verkehr Winters mit Moritz Lewy. Dies alles weise darauf hin, daß der Mord im Lewyschen Keller vollbracht worden sei. Wenn auch die Familie Lewy nicht am Morde selbst beteiligt sein möge, so könne sie doch aus religiösen Gründen ihren Keller für das Verbrechen hergegeben haben. – Verteidiger Rechtsanwalt Heyer suchte den Nachweis zu führen, daß von seiten der Behörden in der Winterschen Mordsache Fehler gemacht worden, und daß insbesondere die Haussuchungen nicht sachgemäß vorgenommen worden seien. Auch er halte die Familie Lewy nicht für glaubwürdig. Der Alibibeweis der Familie Lewy am 11. März sei allerdings geführt, aber wenn
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/123&oldid=- (Version vom 15.2.2023)