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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

persönlich beteiligt sind, aber Lewy hat das Lokal für den Mord hergegeben. Gewiß bleibt alsdann noch immer dunkel, wie Winter in den Lewyschen Keller gelockt worden ist. Die Behauptung, die jüdische Religion predige den Mord zum Zwecke der Blutentziehung, halte ich auch für ein Märchen. Aber es können innerhalb der Judenschaft sittlich verkommene Mitglieder vorhanden sein oder solche, die infolge falscher Auslegung der religiösen Gesetze einen Ritualmord begehen. Das ist der Untergrund für die vorliegende Tat. Es liegt hier nicht nur die Möglichkeit, sondern die Wahrscheinlichkeit eines Ritualmordes vor. Darauf weist die Blutleere des Körpers hin. Der Verteidiger behandelte alsdann des längeren die Fälle Eisenstädt und Matheus Meyer. Auch der „dumme Alex“ erscheine ihm als ein Zeuge dafür, daß die Juden die Mörder seien, denn Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Der Verteidigung kommt es darauf an, festzustellen: Ist ein Ritualmord ausgeschlossen oder ist die Möglichkeit nahe gerückt, daß ein solcher verübt worden sein kann? Die Möglichkeit ist vorhanden, und weiteres zu behaupten, wünscht auch die Verteidigung nicht. Daß sich die Angeklagten bei ihren verschiedenen Vernehmungen mehrfach in Widersprüche verwickelt haben, muß zugegeben werden. Aber im allgemeinen sind ihre Angaben doch richtig, und dies trifft auch auf den Angeklagten Maßloff zu, dessen Widersprüche nur nebensächliche Punkte betreffen. Der Verteidiger ersuchte die Geschworenen, bei der Beurteilung der Schuldfrage bezüglich des Maßloff über die kleinen Widersprüche hinwegzusehen. Daß Maßloff zuerst den Gang der drei Männner nach dem Mönchsee verschwiegen habe, sei erklärlich durch die Furcht, wegen des Fleischdiebstahls zur Rechenschaft gezogen zu werden. Er beantrage, Maßloff freizusprechen. – Verteidiger Rechtsanwalt Zielewski. Er beantrage die Schuldfrage bezüglich der Frau Maßloff zu verneinen. Frau Maßloff habe zunächst beschworen, was sie von ihrem Manne über dessen angebliche Beobachtungen erfahren habe. Wenn

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/122&oldid=- (Version vom 12.2.2023)