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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

Entweder hörte man: „Ich sage nur gegen die Juden aus“, oder „Lassen Sie mich in Ruhe, ich will von der Sache nichts wissen“. In seinem Bericht vom 25. Mai habe er gesagt: Die alles christliche Gefühl verhöhnenden Beschuldigungen gegen die Juden wegen Ritualmordes müßten aus der Diskussion ausscheiden. Damals habe er auch gesagt, daß das Material gegen Hoffmann erdrückend sei. – Auf Befragen eines Verteidigers bemerkte Inspektor Braun, daß ihm das Material über den Ritualmord sowohl von jüdischer wie von antisemitischer Seite bekannt sei. Das Paket mit den Leichenteilen war nicht schwer; es hatte auch nicht zwei sondern vier Zipfel, und man konnte es sehr leicht fortbringen, wenn man es unter dem Arme trug. Er (Zeuge) ist auch heute noch der Meinung, daß es sich gar nicht um Mord, sondern um Totschlag handele. Bezüglich der Auffassung, der Mord hätte in der Synagoge geschehen sein können, habe er nicht das geringste belastende Moment gefunden. Er sei im Orient unter den schlimmsten Juden groß geworden, er habe aber niemals das geringste Moment für einen Ritualmord kennen gelernt. – Im weiteren Verlauf fragte der Erste Staatsanwalt den Kriminalkommissar Wehn, ob er auch andere Spuren verfolgt habe, die sich gegen Juden richten. – Kommissar Wehn: Er habe die eingehendsten Ermittelungen nach allen Richtungen angestellt. Auch in der ganzen Umgegend von Konitz seien die sorgfältigsten Ermittelungen angestellt worden, jede Spur sei aufs genaueste geprüft worden. Eine zeitlang habe sich der Hauptverdacht gegen den Schächter Fuchs gerichtet, auch hier wurden alle Spuren verfolgt, aber nicht etwa in der Annahme, daß es sich um einen Ritualmord handle, sondern um die Spur nach jeder Richtung hin zu verfolgen. Die Grundlosigkeit des Verdachtes nach dieser Richtung hin habe sich indessen bald ergeben. Es seien ferner alle jüdischen Schächter in Konitz, ja sogar alle jüdischen Einwohner beobachtet worden. Überall habe sich aber die

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/113&oldid=- (Version vom 8.2.2023)