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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

Graf Tarnowski, verliebte sich sterblich in das auffallend schöne, anmutige Mädchen und hielt um seine Hand an. Der Adelsmarschall wies den Kosakenoffizier ab. Er hielt einmal die Tochter noch für zu jung zum Heiraten, andererseits hatte er mit seiner schönen Tochter, auf die er nicht wenig stolz war, ganz andere Pläne. Graf Tarnowski zählte nämlich nicht zu dem russischen Hochadel. Der alte Adelsmarschall wollte einen Fürsten zum Schwiegersohn haben. Allein die junge, schöne Komtesse dachte anders. Sie ließ sich von dem hübschen Kosakenoffizier entführen und sich mit ihm heimlich trauen. Trotzdem war die Ehe nicht glücklich. Die schöne Komtesse bezauberte unterschiedslos alle Männer, mit denen sie in Berührung kam. Kurze Zeit nach ihrer Hochzeit nahm sich ihr Schwager, Graf Peter Tarnowski, fast noch ein Knabe, das Leben. Man munkelte, sie habe den auffallend schönen, jungen Mann, der sich sterblich in seine Schwägerin verliebt hatte, in den Tod getrieben. Ihr Gatte, Graf Wassil Wassilewitsch Tarnowski, duellierte sich in Cannes mit ihrem ersten Liebhaber, dem Grafen Tolstoi. Sie hatte von dem Duell Kenntnis und verlangte, mit dabei zu sein. Hinter einem Busch versteckt, folgte sie dem „interessanten Schauspiel“. Wer wird siegen, der Liebhaber oder der Gatte? Jedoch die holde Gattin fühlte sich enttäuscht. Der Zweikampf verlief unblutig. Sie glaubte, der Erdboden würde sich mit Blut färben. Da das aber nicht geschah, so schien ihr die Wirklichkeit grau, farblos, langweilig. Sie hatte sich das alles „viel amüsanter“ vorgestellt. – Die berückende Schönheit fand immer mehr Anbeter. Ein junger Baron v. Stahl schoß sich eine Kugel durch den Kopf, weil die schöne Frau seinen Gruß verschmähte. Der letzte Wunsch des verliebten Barons war: seine Angebetete möge noch einmal mit ihrer Karosse vor seinem Schlosse vorüberrollen. Diesen Herzenswunsch konnte ihm aber die schöne Gräfin nicht mehr erfüllen. Sie war zu sehr beschäftigt. Die Zahl ihrer Verehrer

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/11&oldid=- (Version vom 20.12.2022)