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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

die Personen nicht unterscheiden und wußte auch nicht anzugeben, wieviel dort waren. Er (Zeuge) habe dann selbst den Versuch gemacht, konnte aber auch nichts sehen. – Oberlehrer Dr. Hofrichter, der wegen seiner prononzierten Stellungnahme versetzt worden war, bekundete als Zeuge: Er habe die angeklagte Frau Roß wiederholt vernommen und habe die Überzeugung gewonnen, daß die Geschichte von dem Knecht auf Erfindung beruhe. – Floßmeister Steinke (Prechlau): Im Oktober 1899 habe er bei dem Fleischermeister Eisenstädt Fleisch gekauft. Dabei sei die Rede auf den Gymnasiasten Winter gekommen. Eisenstädt habe gesagt: „Der Gymnasiast Winter ist gut zum Schlachten.“ Er (Zeuge) habe geantwortet: Dazu ist der junge Mann doch zu schade. „I was, weshalb zu schade“, habe Eisenstädt gesagt. Er (Zeuge) habe erwidert: Es ist doch zu wenig Fleisch dabei. Eisenstädt erwiderte: „Wenigstens gibt es Blut“. Obwohl er (Zeuge) sich dabei nichts gedacht, habe er den alten Winter gefragt: Ist denn Ihr Sohn mit Eisenstädt verfeindet? Eines Tages habe er in der Bahnhofstraße in Konitz das Gespräch von zwei Juden belauscht, die sich über Israelski unterhielten. Einer sagte: Nu, es wird alles bezahlt, Der andere Jude habe erwidert: Die Sache hat sich verschlechtert. Vors.: Wann fand diese Unterhaltung statt? Zeuge: Mitte Mai d. Js. – Fleischermeister Eisenstädt bezeichnete mit großer Entschiedenheit die Bekundungen Steinkes als vollständig erfunden. Eine Gegenüberstellung des Steinke mit Eisenstädt führte zu keinem Ergebnis. Eisenstädt bemerkte: Es ist traurig, daß bei dieser angeblichen Unterhaltung ein dritter nicht zugegen war, sonst würde Steinke so etwas nicht behaupten. – Frau Kaufmann Meyer: Sie habe Ernst Winter weder der Person noch dem Namen nach gekannt, sie könne daher nicht Äußerungen getan haben, wie Frau Wiwiorra behauptet. Sie erinnere sich nicht, daß ein Mann mit einer Liste bei ihnen im Laden gewesen sei. Frau Wiwiorra und Frau Meyer wurden einander gegenübergestellt.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/108&oldid=- (Version vom 8.2.2023)