Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/105

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

in das Gasthaus gekommen sei. Dort sei ein fremder Mann gewesen. Über das Gespräch mit diesem könne er keine Auskunft geben, ebensowenig über ein zweites Gespräch, das er mit zwei fremden Herren hatte, die ihn in der Wohnung besuchten. Der Zeuge erzählte ferner, er sei einmal auf dem Hofe des Getreidehändlers Caminer gewesen, auf dem sich noch einige andere Leute befanden. Caminer habe zu ihm gesagt: Sie sehen doch so frisch und jung aus, Sie haben wohl viel Blut, Sie sind gut dazu. – Ich fragte: wozu? Caminer schwieg, und als ich noch einmal fragte: wozu denn? sagte Caminer: Dieses Jahr ist das Blut sehr teuer, es kostet eine halbe Million Mark. Alsdann sei der junge Caminer gekommen und habe zu ihm (Zeugen) gesagt: er solle keine Angst haben, sein Vater habe nur mit ihm gescherzt. – Oberstaatsanwalt: Dieser Zeuge ist meiner Meinung nach überhaupt nicht ernst zu nehmen. – Einige Tage darauf erschien Redakteur John (Berlin) nebst Frau als Zeugen. Sie bekundeten: Zeuge Hellwig sei derartig abergläubisch, daß er einmal mit vollem Ernst behauptet habe, er habe aus einem Schornstein den leibhaftigen Teufel herauskommen sehen. (Große allgemeine Heiterkeit.) Hellwig und auch seine Mutter glauben auch, daß es Hexen gebe. Hellwig gab als möglich zu, die von John bekundete Äußerung getan zu haben. – Eine Anzahl Polizeibeamte, die bei Lewy sofort nach Auffindung des Winterschen Leichnams Haussuchung gehalten haben, bekundeten: Sie haben das ganze Haus von oben bis unten auf das genaueste untersucht, alle Wände und Fußböden beklopft, sie haben aber nicht eine Spur entdecken können, die darauf hätte schließen lassen, daß im Hause ein Mensch ermordet worden sei. – Polizeikommissar Block: Er habe dreimal bei Lewy und einmal in der Synagoge Haussuchung gehalten. Diese Untersuchungen geschahen auf das sorgfältigste. Er war auch im Lewyschen Keller; dessen gesamter Zustand war derart, daß man sah, es konnte dort lange nichts geschehen sein. Alles war schmutzig und mit

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/105&oldid=- (Version vom 2.2.2023)