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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

gemeldet wurde, verbreitete sich, trotz der späten Nachtstunde, wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Die Aufregung war geradezu fürchterlich. Hüssener wurde von der Essener Polizei in das Arrestlokal des Essener Bezirkskommandos gebracht. Letzteres benachrichtigte sofort den Gerichtsherrn der ersten Marine-Inspektion Kontre-Admiral v. Bresky. Dieser beauftragte den Marine-Kriegsgerichtsrat de Bary (Kiel) mit der Führung der Untersuchung und befahl diesem, sich sogleich nach Essen zu begeben. Nachdem Marine-Kriegsgerichtsrat de Bary einige Tage in Essen verweilt hatte, veranlaßte er die Überführung Hüsseners nach Kiel. Am 26. Mai 1903 hatte sich Fähnrich Hüssener vor dem Kriegsgericht der ersten Marine-Inspektion wegen vorsätzlicher Mißhandlung eines Untergebenen, wodurch der Tod verursacht worden ist, und wegen rechtswidrigen Waffengebrauchs, auf Grund der §§ 122, 123 und 92 des Militär-Strafgesetzbuches zu verantworten. Die Verhandlung, die in einem kleinen, etwas primitiven Saale des Garnison-Arrestgebäudes in Kiel stattfand, erregte weit über die Grenzen Deutschlands das größte Aufsehen. Der Andrang des Publikums war geradezu beängstigend. Den Gerichtshof bildeten Korvettenkapitän Starke (Vorsitzender), Marine-Kriegsgerichtsrat Tamaschke (Verhandlungsführer), Hauptmann Graf v. Soden vom 1. Seebataillon, Oberleutnant Leonhardi von der 1. Werftdivision und Gerichtsassessor Wachsmuth (Beisitzende). Vertreter der Anklage war Marine-Kriegsgerichtsrat de Bary, Verteidiger Rechtsanwalt Stobbe (Kiel). Der Angeklagte Fähnrich zur See Alfred Karl Wilhelm Robert Hüssener war am 18. Februar 1883 zu Gelsenkirchen geboren und evangelischer Konfession. Sein Vater war Generaldirektor des Gelsenkirchener Hütten- und Bergbauvereins. Der Angeklagte wurde von zwei Infanteristen mit gezogenem Seitengewehr auf die Anklagebank geführt. Hüssener war ein mittelgroßer, schlanker, ziemlich stark gebauter, sehr hübscher junger Mann. Er war dunkelblond, bartlos und schön frisiert. Er erschien in See-Fähnrichsuniform

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/94&oldid=- (Version vom 12.12.2022)