Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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Im Jahre 1903 wurde durch ein trauriges Vorkommnis‚ das sich auf offener Straße in der großen, lebhaften Industriestadt Essen ereignete, der Frieden des Osterfestes im ganzen deutschen Vaterlande in arger Weise gestört. Essen ist, obwohl es seit vielen Jahren die Einwohnerzahl um 100 000 weit überschritten hat, jedenfalls aus Rücksicht auf seine zahlreiche Arbeiterschaft, kein Garnisonort. Allein an den Feiertagen, wenn das Militär Urlaub erhält und die Essener Kinder aus allen möglichen Garnisonorten zu ihren Angehörigen nach Hause kommen, dann wimmelt es auch in Essen von Soldaten der verschiedensten Truppengattungen. So war es auch an den Ostertagen 1903. Schon am „Grünen Donnerstag“ traten zahlreiche Marssöhne in Essen ein. Auch der 22jährige August Hartmann, ein wohlerzogener, sehr gutmütiger junger Mann, der bei dem 7. Fuß-Artillerie-Regiment in Köln sein Jahr abdiente‚ kam am „Grünen Donnerstag“ zu seinen Eltern nach Essen. Der Vater Hartmanns war der Besitzer des größten und wohl besuchtesten Hotels „Zum Berliner Hof“ in Essen. Dies Hotel bildete gewissermaßen den Mittelpunkt der besseren Gesellschaftskreise Essens. Auch die Eisen- und Kohlenbörse wurde im Hotel „Berliner Hof“ abgehalten. Die Freude der Eltern des Einjährig-Freiwilligen Hartmann sollte nur von kurzer Dauer sein. Am Ostersonnabend, den 11. April, war der junge Hartmann mit zwei ehemaligen Schulkameraden, dem Unteroffizier der Reserve Andreas Schröder und dem Studenten des Bergfachs Ewald Lütscher nach Rüttenscheid gefahren. Es war fast Mitternacht, als die drei jungen Leute mit der elektrischen Straßenbahn
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/92&oldid=- (Version vom 31.7.2018)