Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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des Schulzschen Briefes der Täter sei, dadurch nicht bewiesen werde, daß der Angeklagte nicht an der Tat beteiligt sei. – Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Fränkel, wies alsdann darauf hin, daß die Art, wie der Angeklagte an der Tat beteiligt sein könne, stets im Dunklen bleiben würde. Eine ganze Reihe von Umständen spräche dafür, daß zwei Personen dabei beteiligt seien. Dies sei ja auch vom Staatsanwalt zugegeben worden. Wenn das Zeugnis der Raffalski allein auch nicht als ausschlaggebend angesehen werden könne, so fielen die bestimmten Auslassungen des Dr. Schlesingerschen Ehepaares und der Zeugen Hellmich und Vorwärts um so schwerer ins Gewicht. Danach sei Gönczi am 18. August in Berlin gewesen. Auffallend sei es außerdem, daß man keine Blutspuren an der Kleidung Gönczis oder Verletzungen an seinem Körper wahrgenommen habe. Besonders die jüngere Schultze sei eine kräftige Frau gewesen und es lasse sich nicht annehmen, daß diese sich ohne Gegenwehr würde haben hinschlachten lassen. Auch der Umstand, daß der Angeklagte das Beil aus seiner Wohnung nach der Königgrätzer Straße trug, sei kein Beweis dafür, daß er die Mordtaten begangen habe, viel näher liege die Annahme, daß er das Instrument seinem Genossen geliefert und sich demnach nur der Beihilfe schuldig gemacht habe. Wollten die Geschworenen die Schuldfrage wegen Mordes bejahen, so müßten sie auch der festen Überzeugung sein, daß Gönczi der Täter sei; liege dagegen der geringste Zweifel vor, so müsse die Schuldfrage verneint und Gönczi nur wegen Beihilfe schuldig gesprochen werden. Dies beantrage er.
Nach einer kurzen Erwiderung des Staatsanwalts bemerkte der Verteidiger: Es müsse zum mindesten doch geprüft werden, ob der Angeklagte nur habe stehlen wollen und um ein Hindernis zu beseitigen, die Frauen ermordet habe. – Der Staatsanwalt gab dem Verteidiger anheim, eine solche Schuldfrage zu beantragen. Der Verteidiger erklärte jedoch, daß er darauf verzichte, da er die Schuld des Angeklagten nicht für
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/90&oldid=- (Version vom 31.7.2018)