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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Gerechtigkeit mehr gibt, dann wollen wir beide unschuldig sterben. – Vors.: Ja, soll denn der Beweisantrag des Herrn Rechtsanwalts gestellt werden? – Gönczi: Jawohl, es soll Beweis erhoben werden, wenn ich die Tat nicht begangen hab’, will ich mich nicht verurteilen lassen. – Vors.: Wenn Sie aber meinen, daß Ihre Frau aus dem Gefängnis herauskommt, dann dürften Sie vielleicht im Irrtum sein. – Angekl.: Bitt’ schön, das macht nix, wir haben uns Treue geschworen bis zum Tod. Wenn die arme Frau was gegen mich ausgesagt hat, dazu ist sie nur gezwungen worden. (Frau Gönczi weinte während dieser Worte des Angeklagten bitterlich.) – Der Vorsitzende machte eine halbe Stunde Pause, um dem Verteidiger Gelegenheit zu geben, sich mit seinem Klienten zu verständigen. Nach Ablauf dieser Frist erklärte Rechtsanwalt Dr. Fränkel: Er habe dem Angeklagten geraten, auf den Beweisantrag zu verzichten. – Vors.: Nun, Gönczi? – Angeklagter Gönczi: Ich will nicht verzichten, ich will noch ’mal verhandelt haben. – Rechtsanwalt Dr. Fränkel: Der Angeklagte legt Gewicht darauf, daß das Original des Schulzschen Briefes an das Konsulat in Rio de Janeiro herbeigschafft wird. Der Verteidiger stellte darauf schriftlich den Antrag, das Schreiben des Louis Schulz herbeizuschaffen und an der Hand dieses weitere Ermittelungen nach dem Schreiber anzustellen. Er beantragte weiter, das Verfahren gegen Frau Gönczi abzutrennen und zur Anstellung der Ermittelungen die Sache zu vertagen. – Justizrat Grabower bat im Interesse seiner Klientin um Ablehnung des Antrages, der wohl nur auf denselben Mann zurückzuführen sei, der allen schon so viele Nüsse zu knacken aufgegeben habe. Gönczi würde durch die Erfüllung seines Antrages gar nichts zu Gunsten seiner Frau erreichen. – Der Gerichtshof beschloß, den Antrag auf Trennung des Verfahrens abzulehnen, weil die Schuldfrage zweckmäßig nur gegen beide Angeklagte gemeinsam entschieden werden könne, ferner auch den Antrag auf Anstellung von Ermittelungen abzulehnen, da, selbst wenn aufgeklärt würde, daß der Schreiber

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/89&oldid=- (Version vom 31.7.2018)