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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

hat aber doch auch Ihre Handschrift anerkannt. – Gönczi: „Bitt’ schön, Herr Präsident, so a Frau kann darüber gar nix wissen. Sehen Sie, mancher Mensch schreibt wie der andere, ich will Ihnen 15- bis 20mal hintereinander einen und denselben Namen schreiben und er soll jedesmal anders ausschau’n. Ja, auf Handschriften darf man nix geben!“ – Tischlermeister Stiller: Er kenne den Angeklagten seit 1892; er habe ihm die Ladeneinrichtungen in der Mühlenstraße und in der Königgrätzer Straße besorgt. Gönczi schulde ihm noch ca. 1400 M. Gönczi habe ihm u. a. erzählt, er wolle auch in der Prenzlauer Allee und in der Potsdamer Straße einen Schuhwarenladen einrichten. Der Angeklagte habe ferner für das Hinterzimmer des Ladens in der Königgrätzer Straße eine Einrichtung bestellt mit dem Bemerken, dort solle sein Compagnon Löwy wohnen, der ein großer Schuhwarenhändler sei und in Brüssel, Boulevard 2a wohne. Am Tage nach dem Morde sei plötzlich Gönczi bei ihm im Laden erschienen, habe gerufen: „Der „Brüsseler“ (Löwy) ist tot!“ Gönczi habe für ca. 2000 M. Kohlenaktien der Scaczer Werke und Münchener Brauhausaktien aus der Tasche gezogen, um ihm seine Rechnung zu bezahlen. Er sei dann mit Gönczi zu einem Bankier gegangen, um die Papiere zu verkaufen, sie seien sie aber nicht losgeworden. Am 18. abends sei Gönczi gegen 10 Uhr in großer Aufregung zu ihm gekommen und habe ihn um 500 M. bitten lassen, da er eine dringende Reise machen müsse. Er, Zeuge, habe sich jedoch verleugnen lassen und Gönczi sei unverrichteter Sache wieder fortgegangen. – Handelsfrau Adeline Mohr: Sie sei durch Zufall mit Gönczi bekannt geworden, als sie einmal in einer Stehbierhalle in der Potsdamer Straße ihre Waren anbot. Gönczi habe ihr von seinem Bier angeboten und ein Gespräch begonnen. Er habe gesehen, daß sie zwei Trauringe trug und gesagt, er sei auch Witwer, seine Frau sei im Kindbett gestorben und sie könnten ja öfter miteinander ausgehen. Dies sei auch geschehen, sie haben sich mehrfach getroffen. Die Zeugin erzählte sodann eine

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/74&oldid=- (Version vom 31.7.2018)