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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

älterer Mann, so 42–46 Jahre alt. Sein Haar war rötlich-grau und er war ein geborener Brüsseler. – Vors.: Was für eine Religion hatte der Mann denn? - Er war ein getaufter Israelit. – Vors.: Sprach er denn nur immer französisch[WS 1]? – Angekl.: Aber nein, er sprach gut deutsch. – Vors.: Aber französisch doch auch. – Angekl.: Einmal hat er französisch gesprochen, sonst sprach er immer seine Muttersprache. – Vors.: Wie das? – Angekl.: Nun, belgisch. (Große Heiterkeit.)

Wirtschafterin Franz bekundete als Zeugin: Sie sei Wirtschafterin beim Geheimrat Thür, der eine Wohnung neben der der Damen Schultze inne hatte. Sie kannte die Ermordeten seit drei Jahren. Die beiden Damen haben ein sehr zurückgezogenes Leben geführt. Am Sonnabend, den 14. August 1897, sei es ihr aufgefallen, daß der Eismann keinen Einlaß in die Wohnung finden konnte und daß die Singspiel, die das Eis angenommen, mit dem gleichen Mißerfolge zu verschiedenen Tageszeiten an der Schultzeschen Wohnung geklingelt hatte. Gönczi habe ihr später die Mitteilung gemacht, daß die Damen verreist seien. Befremdet habe es sie, daß Gönczi Erde und Schutt in den sauber gestrichenen und tapezierten Keller habe werfen lassen. Auf Befragen habe Gönczi erklärt, daß er einen kleinen Weinhandel anfangen und die Erde zum Lagern des Weines benutzen wolle. Gönczi habe ihr erzählt, die Schultzens seien nach Brüssel und Paris gefahren, sie kehrten vielleicht nicht mehr zurück, denn sie wollten sich eine Villa kaufen und hätten ihn beauftragt, das Haus zu verwalten und die Wirtschaft nachzuschicken; er kenne Frau Schultze schon seit 5 Jahren, seine Frau sei eine entfernte Verwandte von ihr. Am Tage darauf sei sie (Zeugin) von einem Spaziergange zurückgekehrt und habe im Vorübergehen in das Fenster des Gönczischen Kellers hineingesehen. Es sei ihr sogleich der Gedanke gekommen: „Die Schultzes liegen gewiß da unten ermordet im Keller“. Da trat von der gegenüberliegenden Straßenseite Gönczi hastig auf sie zu und sagte erregt: „Frau Schultze ist verreist“, worauf sie entgegnete:

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: französich
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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/68&oldid=- (Version vom 1.8.2018)