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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

glauben und sie beide würden dann noch das Ihrige tun, um mich hineinzureiten. – Vors.: Sie flohen dann. Haben Sie die 10 000 M. erhalten? – Angekl.: Nein. Löwy sagte, er würde mir das Geld erst schicken, wenn ich in Brasilien wäre, er gab mir aber Juwelen und Uhren, sowie Wertpapiere von der Frau Schultze, damit ich genügend Reisegeld hätte. – Vors.: Sie sind dann nach Brüssel gefahren. Weshalb fuhren Sie zunächst nach Frankfurt a. d. Oder? – Angekl.: Ich wußte den richtigen Weg nicht. – Vors.: Hat Ihnen denn Löwy, der ja angeblich in Brüssel wohnte, den Reiseweg nicht gesagt? – Angekl.: Nein.

Der erste Zeuge war Polizeileutnant Höpfner, Vorsteher des für das Haus Königgrätzerstraße 35 zuständigen Polizeireviers. Er bekundete: Nach dem 14. August 1897 sei wiederholt auf seinem Bureau davon gesprochen worden, daß in dem Hause Königgrätzerstraße 35 nicht alles mit rechten Dingen zugehe. Trotzdem die Wirtin Frau Schultze und ihre Stieftochter angeblich verreist seien, bringe doch jeden Morgen der Bäcker das Frühstück, der Kohlenmann die Kohlen und die Botenfrau die Zeitungen. Es sei doch merkwürdig, daß die Frauen die Leute nicht abbestellt hätten. Am 23. August sei dann der Bankier Gumpel, der der Vermögensverwalter der Frauen war, zu ihm, Zeugen, gekommen und habe seiner Verwunderung Ausdruck gegeben, daß die Frauen abgereist sein sollten, ohne bei ihm Geld zu erheben. Das Gerücht, daß die Frauen verreist seien, hatte Gönczi verbreitet. Er, Zeuge, habe daraufhin in Begleitung von zwei Kriminalschutzleuten das Haus durchsucht und dabei sei ihm vor allem das am 16. August ohne Anzeige bei dem zuständigen Revier erfolgte Abladen mehrerer Fuhren Sand in das unter dem Gönczischen Laden befindliche Kellerzimmer verdächtig erschienen, um so mehr, als das Zimmer gedielt und früher bewohnt wurde. Gönczi hatte angegeben, Löwy wollte unter dem Sande einen größeren Posten Ungarwein aufbewahren. Als er (Polizeileutnant) das Kellerzimmer betreten wollte, fand

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)