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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

war, fand man in dem Vorderzimmer die dort hineingeworfene Erde aufgehäuft vor. Die Kriminalpolizei ließ die Erde abschaufeln und man stieß alsbald auf zwei Kisten, in denen die Leichen der beiden Frauen, in schwarzes Wachstuch eingehüllt, vorgefunden wurden. Beiden waren die Schädel eingeschlagen, der alten Frau auch noch der Unterkiefer zertrümmert, beide Leichen waren mit Blut besudelt. Blutspuren deuteten darauf hin, daß der Mord in dem Gönczischen Laden vollführt worden war; vermutlich hat der Mörder zunächst eine der Frauen in den Laden gelockt, dort ermordet und den Leichnam in den Keller geschafft, und dasselbe alsdann bei der zweiten getan. Die Beute des Raubmörders war nicht annähernd so groß, als er gehofft hatte, da Frau Schultze ihr Barvermögen im Betrage von etwa einer halben Million teils bei einem Bankier, teils bei der Reichsbank hinterlegt hatte. Außer einigen wenigen Wertpapieren im Betrage von einigen tausend Mark, mehreren Schmucksachen und einer kleinen Barsumme ist dem Mörder nichts in die Hände gefallen. Daß Gönczi die Tat vollbracht haben müsse, war sofort jedermann klar, die Bemühungen der Polizei, des Ehepaares Gönczi habhaft zu werden, waren jedoch zunächst vergeblich. Gönczi und Frau waren mit ihrem Hund schon einige Tage vorher aus Berlin abgereist. Es wurde sogleich vom Berliner Polizeipräsidium, im Verein mit den Erben der Ermordeten, eine hohe Belohnung auf Ergreifung des Gönczischen Ehepaares ausgesetzt. An die Polizeibehörden aller zivilisierten Staaten, an sämtliche deutsche Konsulate im Auslande und an zahllose Zeitungen der ganzen Welt wurden wiederholt Steckbriefe mit dem Bildnisse des Ehepaares geschickt, und durch besondere Aufrufe wurde die Öffentlichkeit zur Mithilfe bei der Entdeckung und Verhaftung der Flüchtigen aufgefordert. Es war jedoch keine Spur von dem verbrecherischen Ehepaar zu entdecken. Endlich nach vollen zwei Jahren, Anfang August 1899, kam ein Mann aus Curtiba (Brasilien) in das deutsche Generalkonsulat nach Rio de Janeiro. Als er den dort ausgestellten

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/58&oldid=- (Version vom 31.7.2018)