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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

gesessen und an diesem Tage einen falschen Bart getragen zu haben. Ich sagte: Geben Sie auch zu, am Abend des 6. November in Baden-Baden an Ihre Schwiegermutter, die Frau Medizinalrätin Molitor telephoniert und sie nach dem Postamt bestellt zu haben? Nach einigem Zögern versetzte er: „Das gebe ich zu.“ Geben Sie auch zu, Ihre Schwiegermutter erschossen zu haben? fragte ich. Nach einigem Zögern sagte der Angeklagte: Das kann mir der Herr Untersuchungsrichter nicht beweisen.

Im weiteren Verlauf wurde Referendar und Maler Lenk als Zeuge vernommen: Er sei wegen Verdachts eines Sittlichkeitsvergehens verhaftet gewesen. Er hatte die Vermutung, daß er verhaftet, zum mindesten, daß seine Haft in die Länge gezogen worden sei, damit er in dem Prozeß Hau als Zeuge auftreten könne. Er sei so wenig belastet gewesen, daß er vom Schöffengericht ohne weiteres freigesprochen worden sei, das Gericht habe aber selbst eine hohe Kaution abgelehnt. Er habe deshalb von vornherein den Entschluß gefaßt, wenn er als Zeuge geladen werden sollte, sein Zeugnis zu verweigern. Durch die Verhandlung, die er in den Zeitungsberichten verfolgt habe, sei er jedoch in seinem Entschluß schwankend geworden. Er erkläre, wenn er von der Schuld des Angeklagten überzeugt wäre, würde er Zeugnis ablegen. Da das aber nicht der Fall sei, so verweigere er über die von ihm im Untersuchungsgefängnis gemachten Wahrnehmungen die Aussage. Ich habe gestern nacht, so etwa fuhr der Zeuge fort, an Fräulein Olga Molitor geschrieben und sie um eine Unterredung ersucht. Fräulein Olga Molitor und ihr Bruder haben aber die Unterredung abgelehnt. Als ich Oberleutnant Molitor sagte: es handle sich um sehr wichtige Dinge und zwar sowohl im Interesse der Familie Molitor, als auch des Angeklagten, sagte Oberleutnant Molitor: Das Interesse des Angeklagten ist mir vollständig gleichgültig. – Vors.: Wenn Fräul. Olga Molitor Ihnen die Unterredung gewährt hätte, dann würde sie doch zur Kenntnis des Gerichts gekommen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)