Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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abends mit ihnen verhandelt habe. Er habe sparsam gelebt und in seinem Hause sei nie eine Lotterwirtschaft gewesen, er habe sein Haus stets rein gehalten. Allerdings, seine Frau habe er unglücklich gemacht – hier brach der Angeklagte in Schluchzen aus. Er sei seinem fürchterlichen Bedürfnis nachgegangen, aber er habe sich Personen ausgesucht, bei denen er einen moralischen Schaden nicht anrichten konnte. So viel Klugheit müsse man ihm doch zutrauen, daß er nicht alles dadurch aufs Spiel setzen würde, indem er sich zu Handlungen hinreißen lasse, die das Gesetz schwer bestrafe. Er habe, wie er es früher getan, jedes Mädchen, das ihm zu jung erschien, fortgewiesen. Er bitte dringend, ihm zu glauben, daß Margarete Fischer, die Wender und er selbst in dem Woyda-Falle die volle Wahrheit gesagt haben, er bitte, ihm zu glauben, daß er nicht annahm, ein Mädchen unter 14 Jahren vor sich zu haben, als er mit der Teichert in Berührung gekommen sei und bitte dringend um seine Freisprechung.
Die Angeklagte Wender versicherte nochmals, daß alles, was die Frida Woyda in der ersten Verhandlung von ihr behauptet habe, unwahr sei.
Nach mehrstündiger Beratung des Gerichtshofes verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Müller, folgendes Urteil: Der Angeklagte Sternberg ist des Verbrechens gegen die Sittlichkeit in vier Fällen schuldig und deshalb zu zwei Jahren sechs Monaten Zuchthaus, wovon sechs Monäte als verbüßt zu erachten sind, ferner zu fünf Jahren Ehrverlust zu verurteilen, von der Anklage des Sittlichkeitsverbrechens in einem fünften Falle aber freizusprechen. Die Angeklagte Wender ist der Beihilfe in drei Fällen schuldig und deshalb zu sechs Monaten Gefängnis, unter Anrechnung von zwei Monaten Untersuchungshaft, zu verurteilen. Die Angeklagte Scheding ist freizusprechen. Die Kosten fallen, soweit eine Verurteilung erfolgte, den Angeklagten, soweit Freisprechung erfolgte, der Staatskasse zur Last.
Durch die Hauptverhandlung ist festgestellt, daß Sternberg
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/323&oldid=- (Version vom 1.8.2018)