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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

meines Kollegen werde ich nicht notwendig haben, auf die Sache einzugehen. Ich werde mich, wie es von vornherein meine Absicht war, auf einige allgemeine Bemerkungen beschränken, zu denen der Prozeß, der uns nunmehr sechs Wochen in Anspruch nimmt, reichen Anlaß gibt. Zu den Faktoren, die es der Justiz schwer gemacht haben, ihres Amtes zu walten, gehört auch die Presse. Am Anfang dieses Prozesses schrieb ein Hamburger Blatt: Zu den Eigentümlichkeiten dieses Prozesses gehört es auch, daß ein junger, unerfahrener Staatsanwalt beauftragt ist, gegen sechs der gewiegtesten Berliner Rechtsanwälte zu plädieren. Ich weiß nicht, ob das Blatt diese Behauptung jetzt noch aufrecht erhalten wird. Dieser junge Staatsanwalt hat eine Schlußrede gehalten, wie sie von keinem anderen vortrefflicher hätte erwartet werden können. Ich glaube also, daß die Auswahl dieses Staatsanwalts durchaus gut getroffen war. Schmerzlich hat es mich berührt, daß die Verteidigung den Vorwurf erhoben hat, Licht und Schatten seien nicht gleich verteilt, man kämpfe mit ungleichen Waffen. Ich kämpfe nicht mit ungleichen Waffen; wenn ich es aber muß, dann habe ich lieber die schlechteren auf meiner Seite. Selten hat es einen ungerechteren Vorwurf gegeben als diesen. Die Prozeßordnung schreibt für die Voruntersuchung geheimes Verfahren vor. Der Untersuchungsrichter ist ein unabhängiger Richter, in seine Hände kann die Voruntersuchung ruhig gelegt werden. Aber Licht und Schatten werden gleichmäßig verteilt; weder der Staatsanwalt noch die Verteidiger dürfen bei der Vernehmung der Beschuldigten zugegen sein. Der einzige Unterschied ist, daß die Staatsanwaltschaft schon während des Verlaufes des Verfahrens von den Akten Kenntnis nehmen kann, während die Verteidigung dies erst nach Abschluß der Voruntersuchung verlangen kann. Ein billig denkender Untersuchungsrichter wird ihr aber die Akten auch schon früher zugänglich machen, sobald er es ohne Schädigung oder Verdunkelung des Verfahrens tun zu dürfen glaubt. Wir haben

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/310&oldid=- (Version vom 31.7.2018)