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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

könnten. Ich bin der Überzeugung, daß er mit Fleiß seine Geldspenden an die Margarete Fischer so knapp eingerichtet hat, daß diese nicht auf einmal in den Besitz von 1000 M. und damit in die Lage kommen könnte, nach Europa zurückzukehren.

Sternberg hat das Zeugnis der Margarete Fischer gefürchtet. Hätte die Fischer sich nur der Kuppelei schuldig gemacht, so hätte er keine Furcht haben brauchen, daß sie als Zeugin gegen ihn auftreten werde. Die Wender hat er nicht gefürchtet, denn er wußte: sie macht ein freundliches Gesicht und macht ihre Aussage, und dann bist du heraus. Aber die Grete hat er nicht herhaben wollen. Hier wurde ihr Zeugnis verlangt; die Kehrseite war ein Telegramm nach New York: „Nicht herüberkommen! Der Staatsanwalt wird Dich nicht wieder weglassen.“ Tatsächlich hat man der Grete Fischer auch Geld dafür geboten, daß sie falsch aussagen solle. Wenn noch ein Zweifel bestehen könnte, daß Sternberg im Fall Woyda schuldig ist, so wird dieser Zweifel gelöst durch einen Brief der Margarete Fischer an die Pfeffer. Dieser Brief gibt ein vollkommenes Bild von dem Seelenzustand der Schreiberin, sie bemüht sich, zu gestehen und stoßweise herauszubringen, was vorgekommen ist. Ein Erpresserbrief ist dieser Brief nun und nimmer. Es ist geradezu eine Kühnheit gewesen, diesen Brief als Entlastungsmittel benutzen zu wollen. Man hätte nämlich gesagt, wenn der Brief zuerst der Verteidigung in die Hände gefallen wäre: Dieser Brief belastet, aber weil ein Komplott besteht, so ist er nicht wahr und entlastet. Auf so etwas wird sich, glaube ich, das Gericht nicht einlassen. Aus den Umständen, wie der Brief gekommen und gefunden worden ist, kann absolut kein anderer Schluß gezogen werden, als daß er ein Geständnis enthält. Deshalb ist er der Schlußstein in dem Gebäude, das ich Ihnen vorgeführt habe, um die Schuld des Angeklagten im Falle Woyda nachzuweisen.

Der Fall Callis hat als solcher auszuscheiden, aber er charakterisiert doch den Angeklagten. Die Callis hat unter

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/306&oldid=- (Version vom 1.8.2018)