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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

sie die Frida abschob, daß sie nach Beuthen übersiedeln wolle und das Kind dorthin nicht mitnehmen könne. Alles dies ist nicht wahr gewesen. Warum hat sie alles dies sich ausgesonnen? Weil sie wußte, daß sie das Kind nur zu unsittlichen Zwecken haben wollte. Die Wender hat jetzt die Geschichte von dem „Hereintänzeln“ in das Zimmer erzählt; dies klingt ganz anders als der Ausbruch des Zornes, den die Wender in der vorigen Verhandlung zeigte, als die Woyda ihre Anschuldigungen gegen sie erhob. Jetzt ist die Wender natürlich instruiert, und die Woyda hat plötzlich alles übrige vergessen und nur das Tänzeln behalten. Der Angeklagte sagt, er würde doch nicht dem Mädchen 10 Pf. gegeben haben, das will gar nichts sagen. In der Verhandlung ist nichts davon hervorgetreten, daß der Angeklagte trotz seines Reichtums übermäßig viel für seine Gelüste bezahlte, und so dumm ist er doch nicht, einem solchen kleinen Mädchen ein Goldstück zu geben, denn das wäre gleich überall aufgefallen. Die Behauptung des Angeklagten, daß er diese Dinge doch nicht in Gegenwart dritter Personen vorgenommen haben würde, hat durch die Beweisaufnahme keine Stütze gefunden, im Gegenteil! Auch der Hinweis des Angeklagten, daß er nichts dazu getan habe, um die Woyda wegzubringen, beweist gar nichts. Zunächst würde ein solcher Schritt sofort bekannt geworden sein, und dann wußte doch damals noch niemand, als er selbst, daß er bei dem Woyda-Fall in Frage kommen könnte. Ferner sagt der Angeklagte: er hätte sich doch nicht in die Hände zweier Frauen begeben, die eine Erpresserschraube ohne Ende gegen ihn in Bewegung setzen konnten. Auch das trifft nicht zu. Die Fischer und die Wender konnten nicht eidlich als Zeugen gegen ihn auftreten, sondern höchstens als Mitschuldige. Und dann: er hat ja auch die beiden Frauenzimmer weggeschickt, nicht „aus Mitleid“ für sie, wie er in der vorigen Verhandlung behauptete, und auch nicht aus Angst, in einen Prozeß wegen gewöhnlicher Wohnungs-Kuppelei verwickelt zu werden, sondern aus Angst, daß sie seine Schandtaten aufdecken

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/305&oldid=- (Version vom 31.7.2018)