Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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ihr vorgenommen hat, nicht nur an Stierstädter, sondern auch an andere Personen Mitteilung gemacht. Als Frau Dreßler die Geschichte in der Blümkeschen Wohnung hörte und beide Frauen bitterlich weinten, da fragte Frau Dreßler: „Aber Frida, ist das wirklich wahr?“ – Frida erwiderte darauf: „Ja, es ist alles wahr, Sternberg hat noch lange nicht genug gekriegt!“ Die Frida Woyda ist auch der Scheding gegenüber bei ihrer Erzählung geblieben.
Wir haben uns nun zu fragen, was war das Motiv, was gibt uns eine Erklärung für die Annahme, daß Frida Woyda früher gelogen haben sollte? Wir haben gehört, daß Frida Woyda als Kind wiederholt gelogen hat und daß sie als Kind mit anderen Kindern Unzüchtigkeiten vorgenommen haben soll. Das ist alles, was bis dahin gegen Frida Woyda vorlag. Die Sachverständigen nehmen dies ohne weiteres als wahr an und gründen darauf ihre sexuelle Veranlagung. Ich nehme dies nicht als bare Münze, ich meine, diese Erzählungen sind meist als Hausklatsch anzusehen. Und nun denken Sie sich, in ein solches Haus kommt ein Mann wie der Detektiv-Vorsteher Schulze, ein Mann, der auf Bestellung Ehebruch treibt, der hier auch sonst zur Genüge gekennzeichnet ist und dem im Falle einer Freisprechung Sternbergs 50 000 M. versprochen sind. Er erkundigt sich bei den Frauen, was sie vor 7 bis 8 Jahren von der Frida gesehen haben wollen, und nun erzählen diese Geschichten, die sie damals gesehen haben wollen! Es ist richtig, daß die Frida Woyda kleine Unwahrheiten gesagt hat. Aber daraus kann man doch nicht folgern, daß sie fähig ist, eine so große und, wenn es eine Lüge wäre, über alle Maßen und über alle Begriffe hinaus schamlose und rücksichtslose Lüge zu sagen. Das Ungünstige über die Frida kommt von der Frau Huth und von Hausklatsch her, der so und so viel Jahre zurückliegt, auf den Detektivdirektor Schulze von dem Bureau Jus. Andere haben die Frida aber durchaus gelobt. Sie hat sich in der Schule durchaus ehrsam und sittlich betragen und ist von ihren Lehrern gelobt worden. Das
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/300&oldid=- (Version vom 31.7.2018)