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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

ihm zur Gründung eines Geschäftes 15 000 M. zu geben, und der auch das Wohlwollen der Frau Blümke zu erwerben gesucht hat. Blümkes sind eine goldene Uhr, goldene Ringe geschenkt, und es ist ihnen in Aussicht gestellt worden, Goldsachen zum halben Preise zu erhalten. Richtig ist, daß Blümkes diese Versuche der Polizei gemeldet haben; dem Schutzmann Stierstädter, der darüber wachen sollte, daß keine dunkle Gestalten sich an Blümkes herandrängten, haben sie alles mitgeteilt. Als dem Stierstädter die weiteren Nachforschungen bei Blümkes untersagt waren, da ist auch die Familie Blümke von ihm abgefallen und hat die Briefe, die Stierstädter ihr geschrieben hatte, an Wolff weitergegeben, dessen Persönlichkeit ich wohl nicht zu schildern brauche. Ich brauche nur an die Aussage der letzten Zeugin zu erinnern, die da sagte: Wolff ist ein Mensch gewesen, der in der Kneipe laut zu den Zeuginnen gesagt hat: „Ihr dürft aber nur die Wahrheit sagen!“ und dann leise hinzugesetzt hat: „Ihr braucht Sternberg ja nicht zu kennen!“ Ein wirklicher Beweis dafür, daß Blümkes die Frida Woyda wirklich beeinflußt haben, ist nicht erbracht. Es gibt aber noch eine andere Lösung: Blümkes haben tatsächlich noch kein Geld bekommen, es ist auch nicht strikt bewiesen, daß es ihnen, abgesehen von den 15 000 M. für das Geschäft, versprochen worden ist. Aber haben wir nicht gesehen, daß die Hoffnung auf die spätere Dankbarkeit Sternbergs manchen bewogen hat, von seiner früheren Aussage abzugehen? Dasselbe ist auch bei der Frida Woyda der Fall gewesen. Diese ist in der Welt herumgeworfen, zunächst bei den ehrenwerten Leuten Schindler gewesen, hat nach dem ersten Prozeß dies Haus verlassen müssen, weil die Kinder auf der Straße und in der Schule mit ihr nicht mehr spielen wollten. Sie ist dann in ein Waisenhaus gekommen, und es scheint, nach den Bemerkungen über das schlechte Essen usw., daß sie wohl große Angst vor dem Waisenhause gehabt habe; sie wollte lieber frei bleiben. Es ist sehr gut möglich, daß sie hoffte, bei

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/296&oldid=- (Version vom 31.7.2018)