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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

auch darin nie mit einem Worte eines Falles Woyda Erwähnung getan. Auf weiteres Befragen des Justizrats Dr. Sello gab die Zeugin zu, daß, als sie die beiden Briefe mit Gesuchen um Geld an Sternberg gerichtet, sie sich in der Tat in großer Not befunden habe. Sie habe insbesondere beabsichtigt gehabt, durch Besuch eines Hebammen-Unterrichts sich einen neuen Erwerbszweig zu schaffen, ihr Gesuch um Geld habe nicht den Hintergrund gehabt, daß sie etwa Herrn Sternberg einer verbrecherischen Tätigkeit beschuldigen könnte. – Sehr lange wurde infolge einer Frage des Angeklagten die Zeugin nach dem Ursprung und der Urheberschaft der Modell-Annoncen befragt; sie wollte darauf die Aussage wiederholt verweigern, der Angeklagte wünschte aber bestätigt zu hören, daß er die Annoncen nicht veranlaßt habe. Die Zeugin erklärte schließlich stark indigniert: sie würde die Annoncen nicht erlassen haben, wenn sie nicht angenommen hätte, daß Sternberg sie den Mädchen gegenüber in dieser Beziehung nicht dementieren würde. Sie habe aus Gesprächen mit Sternberg entnommen, daß dieser Freude an jugendlichen Gestalten hatte. Sie habe allerdings gewußt, daß Sternberg kein Maler sei, aber angenommen, daß er als reicher Mann aus Passion vielleicht malte. Sie würde nie geduldet haben, daß in ihrer Wohnung unzüchtige Handlungen mit den Modell-Mädchen vorgenommen würden. – Hier trat die Callis vor und behauptete unter lebhaftem Protest der Zeugin, daß diese davon gewußt haben müsse, denn sie habe ihr gesagt, sie solle ihre Freundinnen mitbringen. – Zeugin Fischer erklärte schließlich noch: Sie habe die 20 000 M. keineswegs für eine falsche Aussage verlangt, sie sei von vornherein fest entschlossen gewesen, die volle Wahrheit zu sagen. Auch eine Erpressung gegen Sternberg habe sie nicht verüben wollen. – Die Zeugin Fischer wurde nochmals aufs eindringlichste ermahnt, unter der Zusicherung, daß sie volles freies Geleit habe, die reine Wahrheit zu sagen. Die Zeugin erklärte schließlich: Sternberg habe bei ihr in der Alexandrinenstraße verkehrt. Sie

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/291&oldid=- (Version vom 31.7.2018)