Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
|
– Staatsanwalt: Haben Sie später keine Zuwendungen von Sternberg erhalten? – Zeugin: Einmal 100 Dollars und als ich mich dann in großer Not befand, erhielt ich noch einmal 50 Dollars. – Staatsanwalt: Und weiter wollen Sie nichts erhalten haben? – Zeugin: Von Sternberg nicht, wohl aber Unterstützungen von meinen Verwandten. – Der Zeugin wurde auf Antrag des Staatsanwalts noch einmal der Brief vorgelesen, in welchem sie ihrer Schwester Klara einige Herzensergüsse über die ihr von ihren Verwandten gemachten Vorwürfe und über das, was sie getan haben solle, übersendet. In diesem Briefe war auch eine Stelle, deren Fassung den Schluß zuließ, daß die Zeugin einen Vorfall wußte, bei welchem sich Sternberg gegen ein kleines Mädchen vergangen habe. – Die Zeugin erklärte, ihre Aussage hierüber zu verweigern. Auf wiederholten Vorhalt der Verteidigung erklärte die Zeugin, daß der Vorgang, den sie in ihrem Briefe erwähne, tatsächlich nicht vorgekommen sei, daß sie aber über den Zweck, den sie mit dem Briefe verfolgte, die Aussage verweigere. – Der Vorsitzende gab sich Mühe, aus der Zeugin herauszubekommen, wieso sie zu der heiklen Fassung gekommen sei; ein Erpressungszweck gehe doch nicht ohne weiteres daraus hervor. – Die Zeugin blieb dabei, daß sie zu einem besonderen Zweck diese Fassung gewählt habe, aber die Aussage darüber verweigere. – Vors.: Dann will ich nochmals die bestimmte Frage an Sie richten: Hat Herr Sternberg in Ihrer Wohnung mit Mädchen unter 14 Jahren unzüchtig verkehrt? – Zeugin: Nein, das hat er niemals getan. – Auf Befragen des Justizrats Dr. Sello gab die Zeugin zu, daß sie ursprünglich fälschlich einen Mann aus Frankfurt a. O. als den „Maler“ bezeichnet habe. In New York habe sie von der Frida Woyda niemals mit Auta Wender gesprochen, ihre Unterhaltungen drehten sich nur um den Fall Fournaçon, denn sie habe keine Ahnung von dem Fall Woyda gehabt. Sie habe auch von New York aus Briefe an verschiedene Personen, an Herrn v. Tresckow, die „Morgenpost“ usw. geschrieben, und
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/290&oldid=- (Version vom 31.7.2018)