Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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das Aushängeschild für unsittliche Handlungen sei. Malerutensilien oder Pinseltöpfe habe sie nicht gesehen; ebenso wisse sie von dem Maler, von dem die Modell-Annoncen ausgingen, nichts. – Inzwischen wurde dem Vorsitzenden gemeldet, daß Margarete Fischer, jetzige Frau Miller aus New York eingetroffen sei. Sie wurde unter allgemeiner Spannung in den Saal gerufen. Sie wurde belehrt, daß sie berechtigt sei, Antworten auf Fragen zu verweigern, durch die sie sich selbst belasten würde. Die Zeugin bemerkte auf Befragen des Vorsitzenden: Sie sei 24 Jahre alt und mit einem Herrn Miller‚ der ein Hotel in New York besessen habe und jetzt beschäftigungslos sei, verheiratet. Sie kenne Sternberg seit 3–4 Jahren, die Bekanntschaft habe zu keinem dauernden Verkehr geführt. Dann sei Sternberg zu ihr gekommen und habe sich einen verstauchten Arm massieren lassen. Sie habe ein Diplom, daß sie ausgebildete Masseuse sei. Die Massage fand in ihrer Wohnung in der Königgrätzer Straße statt. Sie sei vorübergehend nach Friedrichshagen und von da nach der Alexandrinenstraße 1 b gezogen. Die Wohnung habe sie selbst bezahlt, irgendwelche laufenden Unterstützungen von Sternberg habe sie nicht erhalten. In ihrem Hause sei mit ihrer Erlaubnis und mit ihrem Wissen nie Unzucht getrieben worden. – Vors.: Das steht aber mit vielen Bekundungen in vollem Widerspruch, das kann also nicht wahr sein. – Zeugin: O ja! – Vors.: Haben Sie in unzüchtiger Weise Massage getrieben? – Zeugin: Nein, doch kann es vielleicht einmal vorgekommen sein. – Vors.: Haben Sie den Angeklagten Sternberg in solcher Weise behandelt? – Zeugin: Nein. – Vors.: Haben Sie dem Angeklagten Sternberg Mädchen zugeführt? – Zeugin: Nein. – Vors.: Sie sollen nachher vereidigt werden! Sie können die Antwort verweigern. – Zeugin: Nein. Es sind zwar öfter Mädchen bei mir gewesen, aber nicht zu dem Zweck. Herr Sternberg hat mir weder den Auftrag dazu gegeben, noch habe ich Kenntnis davon, daß er Unzüchtigkeiten bei mir vorgenommen hat. – Vors.:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/284&oldid=- (Version vom 31.7.2018)