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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

daß es doch ganz unglaubwürdig sei, was sie jetzt sage, und fragte sie immer wieder, ob jemand auf sie eingewirkt habe. Die Zeugin verneinte dies. Der Vorsitzende betonte ferner: Es sei sehr auffallend, daß dies Umfallen der Zeugin mit der Tatsache zusammenfalle, daß ein Hilfstransporteur mit der Ehlert – wie festgestellt worden – nach der Sitzung vorübergehend in einem Restaurationslokal gewesen sei. Die Zeugin bestritt, daß dieser Hilfstransporteur irgendwie auf sie eingewirkt habe. – Der Vorsitzende und die Verteidiger gaben sich die größte Mühe, den Grund zu erforschen, weshalb die Zeugin nun plötzlich ihre Aussage ändere. Die Zeugin hatte u. a. früher bekundet, daß sie einem Herrn ein kleines silbernes Döschen entwendet habe, welches mit einem Wappenschild verziert war, das die Buchstaben A. St. enthielt. Dieser Herr sei Sternberg gewesen. Nun widerrief die Zeugin auch dies. Sie wollte sich nur entsinnen, daß der Buchstabe A. auf der Dose stand, der Bestohlene sei auch nicht Sternberg, sondern der schon mehrfach erwähnte Herr Oskar Stein gewesen. Sie wiederholte, daß sie mit Sternberg nie etwas zu tun gehabt habe. – Justizrat Dr. Sello: Sie haben früher die Angeklagte Wender beschuldigt, daß diese ebenfalls mit Sternberg unzüchtige Handlungen vorgenommen habe. Als die Wender dagegen protestierte mit den Worten: „Das ist nicht wahr!“ haben Sie in lautem Tone gerufen: „Das ist doch wahr!“ Jetzt sagen Sie selbst, daß auch dies gelogen war, wie konnten Sie diese Ungeheuerlichkeit begehen? – Die Zeugin gab keine Antwort. – Rechtsanwalt Dr. Fuchs: Waren Ihre Eltern beide dabei, als Herr Stierstädter zu Ihnen sagte, sie sollten angeben, daß es Sternberg sei, die Schnörwange habe es auch schon gesagt? – Zeugin: Jawohl, Herr Stierstädter hat mir bei einer Vernehmung auf dem Gerichtskorridor das gesagt. – Vors.: Sie haben einmal um Schutz vor Ihrem Vater gebeten, weil dieser Sie auf dem Korridor fortwährend beschimpfe. Ist das vielleicht ein Umstand, der auf Sie eingewirkt hat? – Zeugin: Nein, ich

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/280&oldid=- (Version vom 1.8.2018)