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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Bildung Berufssachen zu ihrer eigenen machen. – Die 19jährige, unverehelichte Schönherr bekundete: Sie sei mit Sternberg einmal zwecks intimen Verkehrs zusammengetroffen. Sie sei auch mehrere Male mit der jetzt 16jährigen Callis zusammengewesen. Letztere habe vor einigen Tagen in einer in der Nähe des Gerichtsgebäudes belegenen Konditorei geäußert: „Ob es Sternberg gewesen ist oder nicht, ist gleichgültig, der Jude muß auf alle Fälle ins Zuchthaus.“ Die Callis hatte ebenfalls bekundet, daß sie mit Sternberg in der Fischerschen Wohnung unzüchtigen Verkehr gehabt habe. –

Kaufmann Karl Munthe bekundete: Er sei ein Freund Sternbergs und sei aus reiner Freundschaft für ihn tätig gewesen. Als er aber zur Familie Fournaçon gekommen, um diese zu bewegen, von einem Strafantrage gegen Sternberg Abstand zu nehmen, sei ihm gesagt worden, daß das schon zu spät sei. Am Tage vonher sei der Kriminalschutzmann Stierstädter vier- bis fünfmal dagewesen und habe zur Stellung des Strafantrages unter der Androhung, daß andernfalls die kleine Fournaçon unter sittenpolizeiliche Kontrolle kommen werde, gedrängt. – Fräulein Katharina Liebert, deren Aussagen von geringem Belang waren, bemerkte: Ihre Schwägerin, Frau Liebert, habe das lebhafteste Interesse, in den Gerichtssaal hineinzukommen. Sie habe von einer hundertjährigen Frau ein Amulet zum Geschenk erhalten, vor dem sich die Richter beugen und Sternberg freisprechen müssen. (Heiterkeit) – Frau Liebert, die darauf als Zeugin erschien, bestritt auf Befragen des Vert. Justizrats Dr. Sello die Amulettgeschichte. – Vors.: Wir haben auch von der wunderkräftigen Wirkung des Amuletts noch nichts gemerkt. (Heiterkeit) – Im weiteren Verlauf bemerkte Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Heinemann: Es sei ihm soeben gemeldet worden, daß die Zeugin Ehlert erklärt habe, sie wolle nun die Wahrheit sagen, es sei nicht wahr, daß sie den Angeklagten Sternberg kenne, sie habe ihn fälschlich beschuldigt. – Zeugin Ehlert, sofort vorgerufen, erklärte: „Was ich zuletzt gesagt habe, ist nicht

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/278&oldid=- (Version vom 31.7.2018)