Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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gemacht haben. – Geh. Rat Dr. Romen: Nach meiner Erinnerung ist nachgewiesen worden, daß einer Anzahl von Detektivs für Zeitversäumnisse, Erscheinen vor Gericht kleinere und größere Summen gezahlt worden sind. – Vert.: Können Sie einzelne Namen nennen ? – Zeuge: Nein. – Rechtsanwalt Dr. Werthauer: Ich stelle also fest, daß die Freundschaftsdienste, die oft in ungeschickter Weise sich für Sternberg bemerkbar gemacht haben, von dem Zeugen nicht direkt auf letzteren zurückgeführt werden. Sie können also kaum zu seiner Schuldüberführung verwertet werden. – Vors.: Die Gelder, die verwendet sind, rühren doch wohl unzweifelhaft aus Sternbergs Kasse? – Vert.: Selbst wenn dies der Fall wäre, würde es doch auf die Schuldfrage von gar keiner Bedeutung sein. – Angeklagter Sternberg betonte, daß er seit Aufrollen des Falles Woyda in strenger Isolierung sich befinde. Er bitte den Zeugen um Auskunft, ob irgendwelche Tatsachen festgestellt sind, die darauf hindeuten, daß er in irgendwelcher Verbindung mit seinen Freunden stehe. – Vors.: Auffällig ist doch der Zwischenfall bezüglich der „Post“-Artikel. Es ist doch sonderbar, wie eine solche Ordre gegeben werden konnte. – Vert. Rechtsanwalt Dr. Werthauer: Ist es denn festgestellt, daß eine solche Ordre gegeben worden ist? – Staatsanwalt: Darüber werden wir vielleicht in wenigen Tagen Auskunft erhalten. – Angekl. Sternberg: Ich habe mit den ganzen sogenannten Bestechungsversuchen bezüglich der „Post“ absolut nichts zu tun und habe keinerlei Anweisung gegeben. – Geh. Rat Dr. Romen erklärte noch, daß der Angeklagte ihm gegenüber sich immer höflich und ruhig bewegt habe. – Angekl. Sternberg: Auch mir ist der Herr Staatsanwaltschaftsrat immer in humaner Weise entgegengekommen. Wenn er aber sagt, er sei nicht voreingenommen gewesen, so ist es außer Zweifel, daß er wissentlich nicht voreingenommen war; ich behaupte aber, daß er unwissentlich voreingenommen war von Kopf bis zu Fuß, von Anfang bis zu Ende, daher ist es gekommen, daß der reiche Mann nicht mit demselben Maß
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/273&oldid=- (Version vom 31.7.2018)