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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

und es sei entschieden unwahr, daß er die Zeugin mittellos von sich gestoßen habe. Zweifellos sei auf die Zeugin eingewirkt worden. Der Eifer des Kriminalbeamten Stierstädter müsse doch jedenfalls als ungewöhnlich bezeichnet werden. Er bleibe dabei, daß er das Opfer eines vollständigen Komplotts geworden sei, dessen Zentrum die Pfeffer und Klara Fischer seien, die untereinander und mit der Margarete Fischer in New York in regem Briefwechsel standen. – Die Zeugin entgegnete: Sie habe der Margarete Fischer einmal geschrieben, sie solle doch in dieser entsetzlichen Sache die Wahrheit sagen; wenn Sternberg schuldig sei, dann müsse sie es sagen; sei die ganze Woyda-Sache aber nicht wahr, dann wäre es furchtbar, wenn Sternberg unschuldig verurteilt würde. – Angekl. Sternberg warf den Aussagen dieser Zeugin wiederholt in höchster Erregung das Wort „Lüge“ entgegen, so daß der Vorsitzende ihm das ernstlich untersagte. Er entschuldigte sich damit, daß er hier um seine ganze Existenz kämpfe und naturgemäß durch solche total unwahren Beschuldigungen erregt werde.

Staatsanwalt Braut teilte mit: Nach einem neuerdings eingetroffenen Telegramm des Generalkonsuls in New York ist die Fischer bereit zu kommen, wenn ihr 200 Dollars zur Einlösung ihrer Sachen gewährt werden und sie erfahre, wieviel Reise- und Versäumniskosten ihr vergütigt werden. Sie sei ganz mittellos. – Der Staatsanwalt beantragte, einen Gerichtsbeschluß zu fassen. – Der Gerichtshof blieb auf seinem Standpunkt stehen, daß er nur gesetzliche Gebühren gewähren könne. Er habe diese überschläglich auf höchstens 380 M. veranschlagt, wobei für die Fischer und ihre Begleiterin 14 Tage Herfahrt, 14 Tage Rückfahrt und ein zehntägiger Aufenthalt auf dem Festlande als Unterlage angenommen seien. Ferner würde ihr ein Freibillett von New York nach Berlin und ein barer Vorschuß von 100 M. zu gewähren sein. –

Im weiteren Verlauf erschien Geh. Kriegsrat Dr. Romen, der in der ersten Verhandlung amtierender Staatsanwalt war,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/268&oldid=- (Version vom 31.7.2018)