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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

feingeformtes Gesicht. Sie gab an, sie sei mit siebzehn Jahren zu Sternberg als Wirtschafterin gekommen, als dieser noch unverheiratet war. Sie habe in intimem Verkehr mit Sternberg gestanden. Sternberg habe ihr nach einiger Zeit den Vorschlag gemacht, ein Pensionat für kleine Mädchen zu errichten, er werde sie alsdann oftmals besuchen. Darüber seien sie in Konflikt gekommen und sie sei im Unfrieden von Sternberg geschieden. Sternberg habe mehrfach gesagt, er wolle für sie sorgen, er habe es aber nicht getan. Von der ganzen Woyda-Sache habe sie keine Ahnung gehabt und könne darüber gar nichts sagen, auch stehe sie mit dem bei der Polizei eingegangenen anonymen Briefe in gar keiner Verbindung. Stierstädter sei eines Tages bei ihr erschienen und habe gesagt, daß er bezüglich der Sternberg-Sache recherchiere und aus einem Briefe gesehen habe, daß sie etwas wisse. Sie habe dies sofort verneint; Stierstädter meinte aber, sie wolle wohl bloß nichts sagen, worauf sie antwortete: Ich kann absolut nichts sagen, ich weiß absolut im Falle Woyda nichts, ich bin 17 oder 18 Jahre von Herrn Sternberg weg, habe keinen Verkehr mehr mit ihm gehabt und weiß nichts. Sie habe dann ferner gesagt, daß sie mit ihrer Aussage Herrn Sternberg weder nützen noch schaden könne, sie sei schwer krank und bitte, sie ganz aus dem Spiel zu lassen. – Vors.: Wie sind Sie nun auf die Polizei gekommen und zwar gerade zu der Zeit, als Frida Woyda dort vernommen wurde? – Zeugin: Sie sei sehr erschreckt über die Mitteilungen des Herrn Stierstädter gewesen und befürchtete, daß, wenn die Angelegenheit in die Zeitungen komme, auch ihr Name damit verquickt werden würde. Deshalb sei sie auf das Polizeipräsidium gegangen. Auf dem Korridor habe sie Herrn Stierstädter gesprochen, und dieser habe gesagt, sie brauche nichts zu erzählen, das Kind sei schon ermittelt und werde gerade von Herrn v. Tresckow vernommen. Sie habe Herrn v. Tresckow bitten wollen, mit Rücksicht auf ihre schwere Krankheit und ihre bevorstehende Operation, sie aus der Sache herauszulassen.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/265&oldid=- (Version vom 31.7.2018)