Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/263

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

diese Aufhebung würde aber für die Staatsanwaltschaft gleichbedeutend sein mit der Nichtverfolgung eines Verbrechens und deshalb würde er sich zu einer solchen Aufhebung nur für befugt halten, wenn die Strafkammer beschließt, daß, um das Herkommen der Zeugin zu ermöglichen, ein solcher Schritt unternommen werden solle. – Rechtsanwalt Dr. Werthauer: Für Herrn Sternberg wird es keine große Sache sein, die 5000 M. selbst zu geben; er würde es aber jedenfalls nur dann tun, wenn es der Gerichtshof ausdrücklich für zulässig erklärt, damit nicht wieder der Verdacht einer Beeinflussung entsteht. – Vert. Rechtsanwalt Fuchs: Die Verteidigung, welche selbst die Ladung der Margarete Fischer beantragt hat, hat gegen die Vorschläge des Staatsanwalts nichts einzuwenden. – Justizrat Wronker bat, die Entscheidung darüber, ob Herr Sternberg die 5000 M. aus eigenen Mitteln hergeben soll, bis morgen zu vertagen, da alsdann der heute nicht anwesende Justizrat Dr. Sello wieder zur Stelle sein werde. – Staatsanwalt Braut: Prinzipiell scheine ihm nicht angängig, daß der Staat in einem solchen Strafverfahren ein derartiges Geschenk annimmt, es würden aus dieser Hergabe der Summe durch den Angeklagten auch neue Bedenken bezüglich der Glaubwürdigkeit der Zeugin sich ergeben. – Angekl. Sternberg: An den 5000 M. würde ihm an sich nicht gelegen sein, aber er habe doch auch die Vermutung, daß, wenn er die Summe hergebe, wieder der Verdacht entstände, daß die Fischer beeinflußt sein und nicht mehr als unbefangene Zeugin erachtet werden könnte. Gibt aber der Staatsanwalt die 5000 M.‚ so würde sich die Fischer sagen: Das ist ja himmlisch, ich werde wegen eines Verbrechens steckbrieflich verfolgt, und sowie ich die Bereitschaft zur Reise erkläre, erhalte ich nicht nur freie Fahrt für mich und eine angebliche Gesellschafterin, sondern bekomme noch ein kleines Vermögen von 5000 M. sowie freies Geleit. Sie wird sich sagen, daß sie einem solchen Staatsanwalt sehr obligiert und dankbar sein muß, und daraus ergebe sich wieder die

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/263&oldid=- (Version vom 31.7.2018)