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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Im übrigen haben die Ärzte, selbst eine Autorität wie Herr Dr. Gutten, bekundet: Kneißl sei, als er das Geständnis machte: „Der Flecklbauer sei an allem schuld“ bei vollem Bewußtsein gewesen. Der Herr Verteidiger des Kneißl stellte an Herrn Dr. Gutten die Frage: ob Kneißl eine 15jährige Zuchthausstrafe aushalten würde. Dieser Umstand darf ebensowenig für Ihren Wahrspruch maßgebend sein, als wenn ich sage: Ich würde es für ein Unglück halten, wenn ein Mensch wie Kneißl nach 15 Jahren wieder herauskäme. Denn daß der Angeklagte alsdann Arbeit bekäme, ist nicht anzunehmen. Es würde dem Kneißl nichts weiter übrig bleiben, als sein räuberisches Handwerk von neuem aufzunehmen. Der Staatsanwalt schilderte im weiteren die verschiedenen Überfälle. Ich habe keinen Zweifel, so fuhr der Staatsanwalt fort, daß Kneißl auch den Überfall auf Dannhofer unternommen hat. Ich ersuche Sie, meine Herren Geschworenen, die Schuldfragen gegen beide Angeklagte in vollem Umfange zu bejahen und alle Unterfragen zu verneinen. Tragen Sie durch Ihren Wahrspruch dazu bei, daß ein solcher Mordbube für immer für die menschliche Gesellschaft unschädlich gemacht werde. Sie geben damit der hiesigen ländlichen Bevölkerung ihren Frieden wieder. –

Verteidiger Rechtsanwalt Dr. v. Pannwitz (München) (für Kneißl): Meine Herren Geschworenen! Ich gebe ohne weiteres zu, der Überfall bei Scheurer war eine ganz gemeine Tat. Ebenso gemein war der Überfall auf Mooseder. Es ist eine furchtbare Gemeinheit, solch alte Leute wie die Moosederschen Eheleute zu berauben, auch wenn man in Not ist. Ich werde deshalb auch nicht auf mildernde Umstände plädieren. Dagegen halte ich den Angeklagten nicht für schuldig, daß er den Vorsatz hatte, in Oberschweinbach die Bauernburschen zu erschießen. Alle Umstände sprechen dafür, daß Kneißl nur deshalb geschossen hat, um die Leute von sich abzuwehren und sich der Verhaftung zu entziehen. Ebensowenig hat sich Kneißl in Paar der vorsätzlichen Tötung schuldig

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/228&oldid=- (Version vom 1.8.2018)