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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

ich kann aber nicht mit Bestimmtheit sagen, daß es Kneißl war. – Stationskommandant Abt, dem noch an demselben Abend von dem Überfall Anzeige gemacht wurde, bekundete: Er habe festgestellt, daß Kneißl sich zur Zeit in Bruck bei den Parasolbauern aufgehalten habe. Er konnte in etwa zehn Minuten die Chaussee nach Maisach erreichen. Kneißl bestritt, an diesem Überfall beteiligt gewesen zu sein. – Gerichtsarzt Dr. Utz: Er habe mit Dr. Lechner die Leichen der erschossenen Gendarmen seziert. Brandmeier sei an Verblutung gestorben; Scheidler mußte das Bein amputiert werden. Entweder dadurch, vielleicht auch durch den Schuß sei Blutvergiftung erfolgt. Dadurch sei Lungenentzündung und Mundsperre eingetreten, dies habe den Tod des Scheidler verursacht. – Bote Eisenhardt: Im Dezember 1900 kam ein Mann zu mir und fragte mich, was Kneißl wohl bekommen werde, wenn sie ihn erwischen. Ich antwortete: Das ist schwer zu sagen. Kneißl hat zwei Gendarmen erschossen und auf der Chaussee nach Maisach einen jungen Menschen ausgeraubt. Der Mann sah sich darauf scheu um und sagte: „Ich bin der Kneißl, ich habe Hunger, geben Sie mir ein Stück Brot.“ Ich entsprach dieser Bitte. Darauf sagte Kneißl: An dem Tode der Gendarmen hat der Flecklbauer schuld, der spielt den schlechten. – Schreiner Christoph: Kneißl habe, als er 1899 aus dem Gefängnis kam, sieben Monate bei ihm gearbeitet; er habe ihn aber schließlich entlassen müssen, weil bekannt wurde, daß er mehrere Jahre im Gefängnis gesessen habe. – Vors.: Haben Sie das vorher gewußt? – Zeuge: Ich habe es gewußt, aber keinen Anstoß daran genommen. Ich habe den Kneißl aber schließlich auf Drängen meiner anderen Gesellen entlassen müssen. – Vert. R.-A. Dr. v. Pannwitz: Wie war Kneißl in der Arbeit? – Zeuge: Er war sehr fleißig und geschickt. – Vert.: Ist es richtig, daß Stationskommandant Saalfrank oftmals zu Ihnen gekommen ist und gesagt hat: Kneißl hat mehrere Jahre im Gefängnis gesessen, einen solchen Menschen darf man nicht behalten, er muß raus aus

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/223&oldid=- (Version vom 31.7.2018)