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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Jawohl. Der Zeuge bekundete weiter: Dem Kneißl sei plötzlich sein Schnurrbart heruntergefallen. – Vors.: Der Schnurrbart war also angesteckt? – Zeuge: Jawohl. Der Zeuge bekundete noch: Kneißl habe ihm Fleisch und Brot angeboten, er habe aber nichts angenommen. Er wollte schnell vorwärtsgehen, Kneißl hatte ihm aber befohlen, langsam zu gehen. Kneißl bestritt, jener Mann gewesen zu sein, er sei zur Zeit in einer ganz anderen Gegend gewesen. Der Zeuge bemerkte jedoch mit großer Bestimmtheit, daß es dieser Angeklagte Kneißl war. – Eine Anzahl Zeugen gaben hierauf der Überzeugung Ausdruck: Flecklbauer Rieger habe die Gendarmen nur rufen lassen, um sie vor die Gewehrmündung Kneißls zu bringen. Auf Befragen des Vert. R.-A. Dr. v. Pannwitz geben mehrere als Zeugen vernommene Gendarmen zu, daß Kneißl nach seiner Gefangennahme in Geisenhofen furchtbar geschlagen worden sei. – R.-A. Dr. v. Pannwitz zu dem Sicherheitskommissar Boshart (München): Ist es richtig, daß Schutzleute genötigt waren, den Kneißl mit ihrem Körper vor den Mißhandlungen der Gendarmen zu schützen, so daß letztere selbst Schläge erhielten? – Zeuge: Davon weiß ich nichts. Als Kneißl heruntergebracht wurde, sagte ich mit lauter Stimme: „Nun verlange ich aber vollständige Ruhe. Wir haben es jetzt nicht mehr mit dem Räuber oder Mörder Kneißl, sondern mit einem schwerkranken Menschen zu tun.“ – Frau Mathilde Lorenz, die Cousine des Kneißl, bekundete als Zeugin: Kneißl habe ihr einmal ein „Zipferl“ gezeigt, das er angelegt habe, um Mooseder zu berauben. Frau Mooseder sei niedergekniet und habe gebetet. Da habe er gesagt: Das Beten hat keinen Wert, ihr könnt mir doch kein Geld herbeten. Wenn ihr nicht Geld hergebt, dann erschieße ich euch. Mooseder habe ihm darauf 56 M. gegeben. Kneißl sagte: Der alte Spitzbube hat schon mehr Geld gehabt, er hatte bloß alles ausgeliehen. Er hat mir auch die Schuldscheine gezeigt. – Frau Franziska Scheidler, Witwe des von Kneißl in Irchenbrunn niedergeschossenen Gendarmen Scheidler, bekundete

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/220&oldid=- (Version vom 31.7.2018)